Anonym: Edda | |
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es sein Wesen aus, wenn er Kämpfen und Streiten nachzieht, die Fürsten verfeindet und dem Frieden zu wehren sucht; wenn er sich rühmt, auch jetzt wieder bei dem Heere gewesen zu sein, das hieher Kriegsfahnen erhob, um den Sper zu färben, oder wenn er dem Thor vorwirft, daß er wohl Macht habe, aber nicht Muth, daß nur die Knechte, die das Feld bestellen, sein Antheil wären, während zu Odhin die Fürsten kämen, die im Kampfe fallen, wornach er auch auf Thors Frage, wie er zu den Hohnreden komme, antwortet, er lerne sie von den alten Leuten, die in den Wäldern wohnen, womit er, wie wir aus Thors Entgegnung sehen, die Erschlagenen meint, denen da Grabmäler errichtet sind. Löning bemerkt mit Recht, daß eine schmähliche Übertreibung darin liege, daß Harbard auch die freien Bauern, weil sie nicht Kampfhelden sind, zu den Knechten rechnet.
Zu Anfang des Gesprächs hatte er zu Thor gesagt, es stehe übel bei ihm daheim, seine Mutter werde todt sein. Str. 48 entgegnet er auf eine Drohung Thors, Sif, sein Gemahl, habe einen Buhler daheim: an dem solle er seine Kraft erproben. Thor scheint das erst nicht zu glauben; da ihm aber die Überfahrt verweigert bleibt, bittet er, ihm wenigstens den Weg zu zeigen, womit er den Heimweg meinen muß, denn indem Harbard ihm diesen bis Werland beschreibt, fügt er hinzu: dort werde Fiörgyn u. s. w. ihren Sohn treffen. Diese Runen löst Uhland mit diesen Worten: „Thors Mutter, die Erde, in Folge von Hildolfs Kriegszug verheert und ungebaut, liegt leblos da, und seine Gattin Sif, die letzte Ernte, ward der fremden Gewalt zur Beute. Doch ist Jörd nicht wirklich todt, denn auf dem Wege zur Linken, den Harbard zuletzt dem Wanderer anzeigt, in Werland, wird Fiörgyn, einer der Namen Jörds, ihren Sohn Thor finden und ihn der Verwandten Wege zu Odhins Lande lehren; mit Mühe wird er bei noch obenstehender Sonne dahin gelangen. Unter diesem mühsamen Umweg, dessen Angabe Thor für Spott zu nehmen scheint, ist dem ganzen Zusammenhange nach eine neue Aussaat und Feldbestellung, die doch dem Jahre noch einen Ertrag abgewinnt, zu verstehen. Dem von Osten kommenden Thor ist der Weg zur linken Hand ein südlicher, sommerlicher: in Frühlingssaat und Sommerfrucht muß er seinen Ausweg suchen; Werland, wo er seine Mutter Erde noch am Leben trifft, ist das von Menschen bewohnte, dem Anbau günstige Land; die Bahnen der Verwandten zu Odhins Landen beziehen sich dann auf das Emporstreben der Saat in Licht und Luft, die Gebiete der Asen, im Gegensatze zu den finstern beeisten Pfaden, auf denen Thor sonst mit dem Saatkorbe wandeln muß;
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 387. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/395&oldid=- (Version vom 31.7.2018)