Anonym: Edda | |
|
mit Noth kommt er noch vor untergehender Sonne an das Ziel, kaum noch gelangt die neue Aussaat vor einbrechendem Winter zur Reife.“
Übrigens scheint dieses Lied, das mehrfach auf Erzählungen anspielt, die wir nur aus der j. Edda kennen, eins der jüngsten. Auffallen muß, daß Thor, der sonst Ströme watet, hier der Überfahrt harrt. Auf ältern Grund deutet aber doch wieder, daß Harbard sich Str. 52 für einen Viehhirten ausgiebt. Daß vor der Unterwelt Vieh geweidet wird, ist Handb. §. 125 nachgewiesen. Vgl. Skirnisf. 11. War Odhin vielleicht in dem ältern, dem unsern zu Grunde liegenden, Liede, wie wir ihn als Todtengott kennen lernen, zugleich als Todtenschiffer gedacht, und vergliche sich mit Thor Hagen bei Gelfrats Fergen, Dietrich bei Norprecht?
Thors Fischfang mit Hymir erzählten auch Skaldenlieder, von welchen uns Bruchstücke erhalten sind, unter andern Ulfs Husdrapa, die bei der Darstellung, welche die j. Edda in D. 48 von diesem Abenteuer liefert, benutzt wurde. Von unserm Liede weicht sie unter Anderm darin ab, daß weder des Kelchs, noch des Keßels und des Gastmals erwähnt wird, durch welche letztere unser Lied mit dem folgenden in Verbindung steht. Ebensowenig ist der Begleitung Tyrs noch der beiden Frauen in Hymirs Behausung gedacht, von welchen die ältere Str. 7 mit ihren neunhundert Häuptern an des Teufels Großmutter in deutschen Märchen erinnert, die jüngere etwa an des Ogers Frau in Klein Däumchen. Daß sie sich der Gäste annimmt, ist hier durch ein verwandtschaftliches Verhältniss eingeleitet, indem sie als Tyrs Mutter erscheint. Die j. Edda weiß nichts davon, daß Tyr eine solche Mutter habe, sie nennt ihn nur Odhins Sohn; da sie aber seiner Mutter geschweigt, so besteht auch kein Widerspruch. Diese jüngere Frau wird Str. 30 Hymis Frille d. i. Kebsweib genannt; sie räth zu seinem Schaden, und da sie als golden und weißbrauig Str. 8 geschildert wird, so ist sie wohl so wenig als Gerda, obgleich es von dieser doch gesagt wird, riesiger Abkunft. Ob aber der Riese die Verwandte der Asen geraubt hat, nachdem Odhin den Tyr mit ihr erzeugt, oder ob er sie als Skirnir im Frühjahr befreit hat, während der neue Winter sie wieder in die Gewalt der Forstriesen brachte, errathen wir nicht. Als Tyrs Wesen giebt D. 25 die Kühnheit an, indem sie als Beweis seiner Unerschrockenheit meldet, daß Er allein es gewagt habe, die Hand in Fenrirs Rachen zu stecken. Ähnlich überträgt ihm D. 34 die Fütterung Fenrirs, weil er allein den Muth gehabt habe, zu ihm zu gehen. Uhland nimmt ihn daher
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 388. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/396&oldid=- (Version vom 18.8.2016)