Anonym: Edda | |
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voraus zu setzen, indem sich Thors spätes Erscheinen in Ögis Halle, wo doch Sif, seine Gattin, sich gleich Anfangs eingefunden hatte, am Besten dadurch erklärt, daß er den Braukeßel herbeizuschaffen ausgesandt war. Davon ist aber in der Einleitung nichts gesagt, es heißt da nur, Thor sei auf der Ostfahrt gewesen. Auch in dem Liede selbst wird auf den Braukeßel nicht erst gewartet, da die Bewirthung wirklich vor sich geht.
Mit Gymir (Ögir) ist Hymir, den die j. Edda Ymir nennt, nicht zu verwechseln, obgleich die Vermuthung, daß sie ursprünglich Eins gewesen, nicht ganz abzuweisen ist. Gymir weiß Grimm nur als epulator zu deuten, Hymir heißt ihm der schläfrige, träge, während ihn Uhland, von derselben Wurzel ausgehend, mit Dämmerer übersetzt und auf die Lichtarmut des hochnordischen Winters bezieht. In ihm, der an des Himmels Ende im Osten der Eliwagar, der urweltlichen Eisströme, wohnt, bei dessen Nahn die Gletscher dröhnen, dessen Kinnwald gefroren ist, vor dessen Blick die Säule birst, ist ein lebensvolles Bild der nordischen Frostriesen, ja des Frostes selber aufgestellt; die neunhunderthäuptige Mutter und die vielgehauptete Schar, die ihm die Gäste verfolgen hilft, sind entsprechende Nebenfiguren. Wie leicht schloß sich hier die „geschnäbelte Diet“ u. s. w. der Herzog Ernstsage an!
Der Schluß setzt die Zeit, wo die Götter bei Ögir zu Gast sein sollen, in die Leinernte, welche in den Spätsommer fällt, wo nach Uhlands Deutung die dauerndste Meeresstille herrscht. Drei Monate vorher war also Ögir bei den Asen zu Gaste. Diese Zeit hat er zu deuten nicht unternommen. Sie würde in das Frühjahr fallen, wo die See am Unruhigsten und die Schifffahrt am Gefährlichsten ist. Da er nun Ögir für das schiffbare Meer nimmt und den Braukeßel, der aus des winterlichen Hymirs Verschluße befreit werden muste, für die geöffnete See, so würde dieß zu seiner Auslegung unserer Lieder stimmen.
Zu den einzelnen Strophen mögen wenige Bemerkungen ausreichen.
Str. 1 werden zweierlei Arten die Zukunft zu erforschen genannt: die Götter warfen Zweige und besahen das Opferblut. Die letzte Art bedarf kaum einer Erklärung, die andere scheint auch unsern Vorfahren bekannt gewesenen zu sein, denn ohne Zweifel ist es dieselbe, deren Tacitus in der Germ. Cap. 10 gedenkt. Den in Stäbe zerschnittenen Zweigen waren Zeichen (Runen) eingeritzt, und aus den Runen, welche den drei aufgehobenen Stäben eingeritzt waren, konnte der Priester weißagen, weil die Namen dieser Runen ihm drei Begriffe zuführten. Vgl. Handb. §. 75 und 138.
2. Der Felswohner ist nicht Hymir, wie Gr. Myth. 495 durch Versehen
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 391. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/399&oldid=- (Version vom 18.8.2016)