Anonym: Edda | |
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sondern fordert zunächst zu einem Ritt nach Walhall auf, da sie denn unterwegs wohl im Gespräch ihren Zweck zu erreichen gedenkt. Aber Hyndla weigert sich, ihr nach Walhall zu folgen; auch bedürfe dessen Freyja nicht, da sie ja ihren Mann, den jungen Ottar, zum Begleiter habe. Freyja zürnt, daß Hyndla sie eines solchen Verhältnisses zu ihrem Begleiter verdächtigt, steht aber von der Reise nach Walhall ab und kommt zu ihrem eigentlichen Zweck, indem sie über die Geschlechtsreihen der Voreltern Ottars Auskunft verlangt. Diese gewährt auch Hyndla in den Str. 12–41, welche den genealogischen Inhalt des Gedichts bilden. Als aber Freyja ihr nun auch zumuthet, ihrem Begleiter das Äl der Erinnerung zu reichen, damit er sich nach dreien Tagen vor Gericht aller empfangenen Belehrungen noch entsinne, kehrt sie die rauhe Seite wieder hervor, schilt die Göttin in ehrenrührigen Ausdrücken wegen ihres Umgangs mit Männern und verweigert ihre neue Bitte unter dem Vorgeben, daß sie von Schlaflust befallen sei. Freyja nöthigt sie jedoch, ihr zu willfahren, indem sie die Höhle der Riesin mit Flammen umgiebt, worauf sie zwar den begehrten Trank, aber mit der Drohung empfängt, daß er ihrem Liebling den Tod bringen werde. Doch diesen Fluch weiß Freyja in Segnung zu verkehren.
Dieß die Einkleidung, welche wir zu dem Zweck, für den trocknen Inhalt zu entschädigen, vortrefflich erfunden meinen. Aber auch diesen selbst war der Dichter durch mehrfache Kehrreime zu unterbrechen und zu würzen bedacht, unter welchen der am häufigsten angewandte: Dieß all ist dein Geschlecht, Ottar, du Blöder! auch die gröste Wirkung thut.
Rechnen wir hinzu, daß die Stammtafeln der nordischen Götter und Helden dem Skandinavier des achten und neunten Jahrhunderts näher am Herzen liegen musten als uns, so mögen wir dem Gedichte wohl eine bedeutende Wirkung in jener Zeit zutrauen. Ettmüllers Urtheil, daß es wenig dichterischen Werth habe, ist aber jedenfalls ungerecht.
Wir werden bei Besprechung des Einzelnen eine ausführliche Erläuterung des so eingekleideten und mundrecht gemachten genealogischen Inhalts vermeiden, weil wir aller Kunst des Dichters ungeachtet doch nicht erwarten, daß der Leser Interesse genug für ihn genommen habe, um noch weitere Auffschlüße darüber zu wünschen. Auch sonst beschränken wir uns möglichst auf die wenigen Strophen, die zur Rechtfertigung unserer Auffaßung einer nähern Erörterung bedürfen.
1. Magd der Mägde ist eine im Norden beliebte Steigerung des Ausdrucks, wie sie uns schon im Eingang des Harbardsliedes begegnet ist.
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 416. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/424&oldid=- (Version vom 31.7.2018)