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Anonym: Edda

zugeben auch ohne die Anmuth derselben, aber in jener strengen, großartigen Weise, wo kein Wort unbedeutend, keins überflüßig, keins lockend oder ableitend, aber eben deshalb jedes seines Eindrucks gewiss ist. Die manchmal regelmäßig durchgeführte dialogische Form scheint dieser Poesie zuzusagen.“


17. Wölundarkwida.

Diese schöne Dichtung, die das nordische Heldenbuch eröffnet, steht in demselben, wie schon Mone bemerkt hat, ganz abgesondert als ein Bruchstück, dessen Zusammenhang mit den andern Liedern nur die Wilkinasage[WS 1] anzeigt. Zur Erläuterung dieses Zusammenhangs kann ich aber auf mein Heldenbuch verweisen, wo das Lied von Wieland den ersten der acht Theile des Amelungenliedes bildet. Auch hab ich in den Anmerkungen zu letzterm die weit verbreitete Sage, die selbst zu den romanischen Völkern gedrungen ist (bei den Nordfranzosen hieß unser Wieland Galland) näher besprochen. Über Wölundars Bruder Egil, der in der deutschen Sage als Eigel der Schütze bekannt, und als solcher fast ebenso berühmt war, wie Wieland als Schmied, daher ihm die Tellssage ursprünglich beigelegt ward, hab ich mich in der Vorrede zum deutschen Orendelliede (Stuttgart, 1845), wo er als König Eigel von Trier mit der Sage vom heiligen Rock in Verbindung gebracht ist, ausführlich ausgelaßen, den Zusammenhang Tells mit Orendel aber erst Handb. §. 82 eingesehen. Hier will ich als ein neues Zeugniss für die Verbreitung seiner Sage am Niederrhein nur den gerade in Bonn vorkommenden Eigennamen Schützeichel (Eigel der Schütze) nachtragen. Dem dritten Bruder Slagfidr legt weder die nordische Sage, noch die deutsche wie sie die Wilkinasage erhalten hat, eine eigene Kunst bei, obgleich das verbreitete und vielfach gestaltete Märchen von den drei oder sieben kunstreichen Brüdern ohne Zweifel zu Grunde liegt, wonach ihm die Arzneikunst zuzuschreiben wäre. Vgl. auch Vorrede zu den Quellen des Shakespeare, II. Aufl., S. IX.

Durch die eigenthümlich deutsche Pest, die uns noch zu Grunde richten wird, die Ausländerei unserer sogenannten gebildeten Stände, nach deren Geschmack sich auch die Dichter richten musten, wäre diese in Deutschland entsprungene, einst sehr beliebte und allbekannte Mythe bei uns fast gänzlich untergegangen, wenn die beiden Niederschreibungen im Norden sie uns nicht erhalten hätten. Von diesen muß die erste schon sehr früh erfolgt sein, da unser Eddalied allen Anzeichen nach eins der ältesten ist. Daß es im Norden gedichtet sei, bezweifle ich sehr; wahrscheinlich liegt ein

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: „Wiltinasage“.
Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 422. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/430&oldid=- (Version vom 18.8.2016)