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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875)

schöne Königin in den ihrem Tode unmittelbar vorangehenden Augenblicken. Stets wird ein edles Weib, wenn ihm die Möglichkeit des Handelns genommen ist, groß sein im Muthe des Leidens und hierin den Mann, auch den stärksten, übertreffen. Angesichts des gewissen Todes erhebt sich Maria wieder zu ihrer vollen königlichen Größe. Es ist nur Würde und Hoheit, nur Milde und Sanftmuth, was aus ihren Worten zu uns spricht, und die Schatten des nahen Todes verklären das herrliche Weib.

Diesen Moment hat der geniale Wilhelm von Kaulbach in seinem großartigen Bilde (aus der „Kaulbach-Galerie“ von J. Albert in München) zur Anschauung gebracht: Der Sheriff ist eingetreten, um die Königin auf dem letzten Gange zu begleiten. Ihre Frauen, unter ihnen die treue Kennedy, sind um sie versammelt und hängen sich im Schmerz der Trennung an die geliebte Gebieterin. Zu ihren Füßen knieet Melvil, während Burleigh, Paulet und der Sheriff sie in schweigender Erregung umstehen. Zu ihrer Linken im Hintergrunde neigt Lord Leicester, innerlich ergriffen und gedankenvoll, das Haupt. Eben hat Maria aus Melvil’s Hand das Crucifix empfangen – da bricht sie in die Worte aus:

 „Nun hab’ ich nichts mehr
Auf dieser Welt – Mein Heiland, mein Erlöser!
Wie du am Kreuz die Arme ausgespannt,
So breite sie jetzt gütig aus, mich zu empfangen!“

Dies der Moment unseres Bildes. dann wendet die Königin sich zum Gehen und erblickt – Leicester:

„Ihr haltet Wort, Graf Leicester – Ihr verspracht
Mir Euren Arm, aus diesem Kerker mich
Zu führen, und ihr leihet mir ihn jetzt!
– – – – – – – – – –
Ihr durftet werben um zwei Königinnen.
Ein zärtlich liebend Herz habt Ihr verschmäht,
Verrathen, um ein stolzes zu gewinnen.
Knie’t zu den Füßen der Elisabeth!
Mög’ Euer Lohn nicht Eure Strafe werden!
Lebt wohl! – Jetzt hab’ ich nichts mehr auf der Erden.“

Kaulbach hat diese Scene mit einer Größe, mit einer Erhabenheit wiedergegeben, vor der wir die Feder in geziemender Resignation niederlegen. – Auch die übrigen Bilder dieser „Kaulbach-Galerie“, Gestalten aus den Schöpfungen Schiller’s, Shakespeare’s und Richard Wagner’s enthaltend, nehmen einen hohen künstlerischen Rang ein. E. Z–l.     


Eine Neujahrsfreude für Volks-Schullehrer. Man schreibt uns aus Hessen:

„Seit Einführung der neuen Aera im Großherzogthum Hessen hat man hier der zeitgemäßen Entwickelung der Schule besondere Aufmerksamkeit zugewendet; leider aber fehlt es uns noch immer vielfach am Nöthigsten, nämlich an disponiblen Lehrkräften, so daß zur Zeit noch eine größere Anzahl von Schulstellen unbesetzt, oder doch nicht genügend besetzt ist, und das nicht nur, wenn auch vorzugsweise, in kleineren Gemeinden, sondern selbst in den Städten des Landes. Unser Land muß daher bestrebt sein, seinen Mangel an tüchtigen Lehrkräften aus dem Ueberfluß anderer Länder zu decken. Am ehesten möchte dies möglich sein aus dem Königreich und der Provinz Sachsen, aus Thüringen, Württemberg und aus den preußischen Provinzen Hessen-Nassau und Hannover, wo überall die Volksschullehrer meist schlechter, zum Theil sogar weit schlechter als bei uns gestellt sind, wie aus nachfolgenden thatsächlichen Angaben klar werden dürfte.

Junge Lehrer werden im Großherzogthum Hessen nirgends unter vierhundert Gulden, ausschließlich Wohnung, definitiv angestellt, und dieser Gehalt erhöht sich durch Alterszulagen nach fünfzehn Dienstjahren auf sechshundert Gulden. Sind wir ferner nicht ganz schlecht unterrichtet, so besteht außerdem noch Seitens der Regierung die Absicht, demnächst schon eine weitere ansehnliche Erhöhung dieser Gehaltsverhältnisse zu veranlassen und zwar eine Erhöhung auf mindestens zwölfhundert, ja vielleicht sogar auf dreizehn- bis vierzehnhundert Reichsmark. An Orten mit zweitausend bis zu sechstausend Einwohnern betragen die Gehalte der definitiv angestellten Lehrer schon jetzt fünfhundertfünfzig Gulden für den Anfang und steigen mit dem Dienstalter auf achthundert Gulden; in den Städten von mehr als sechstausend Einwohnern bei sechshundertfünfzig Gulden Anfangsgehalt bis auf zwölfhundert und vierzehnhundert Gulden nebst Wohnung oder der Größe der Orte entsprechender Vergütung dafür, die von fünfzig, bezugsweise fünfundsiebzig Gulden in den kleinsten Orten bis auf zweihundert Gulden in den Städten steigt. Daß den von auswärts eintretenden Lehrern mit guten Zeugnissen ihre im Auslande verbrachten Dienstjahre angerechnet und jene also in die entsprechenden hessischen Altersclassen eingereiht werden müssen, unterliegt keinem Zweifel. Dazu ist der Schullehrer im Großherzogthum Hessen durch die betreffenden Bestimmungen des neuen Schulgesetzes in seiner Stellung vollkommen geschützt, so zwar, daß er nur in Folge eines Urtheils des obersten Verwaltungsgerichts daraus entfernt werden kann; er hat im Falle einer Pensionirung schon während der ersten zehn Dienstjahre vierzig Procent seines Gehalts als Pension anzusprechen (und in keinem Falle weniger als zweihundert Gulden), die sich um je ein und ein halbes Procent für jedes weiter zurückgelegte Dienstjahr bis zum vollen Betrag seines Diensteinkommens steigert, und wird gegen ein Eintrittsgeld von hundertvier Mark und einen jährlichen Beitrag von sechsunddreißig Mark Mitglied der Volksschullehrerwittwencasse, welche im Falle seines Ablebens seinen Hinterbliebenen eine jährliche Pension von dreihundertzwölf Mark bis zu dem Tage auszuzahlen verpflichtet ist, an welchem seine Wittwe stirbt oder sein jüngstes Kind zwanzig Jahre alt wird. Gerade diese gesetzlichen Bestimmungen über Sicherheit der Stellung, Pensionirung und Wittwencasse sind es, welche den verheiratheten älteren Lehrer, dem die anderen Staaten meist nichts Gleiches oder Aehnliches bieten, anzuziehen vielleicht im Stande wären.

Solchen jüngeren Lehrern, die nur die Abgangsprüfung vom Seminar bestanden haben, bietet man im Großherzogthume Hessen dreihundert bis dreihundertfünfzig Gulden nebst Wohnung, welcher Gehalt sich nach bestandener Staatsprüfung entsprechend erhöht. Zudem ist dem Strebsamen und Tüchtigen durch Schaffung des Instituts der Oberlehrer und Kreisschulinspectoren der Weg zu weiterem Aufrücken bis zu Gehalten von viertausendfünfhundert Mark eröffnet. Bei allen vorstehenden Gehaltsangaben sind überdies die Gehalte für den Organistendienst nicht mit eingerechnet, die je nach Bedeutung der Gemeinde von fünfzig bis zweihundert Gulden betragen; Küsterdienste dagegen darf der hessische Lehrer nicht mehr übernehmen.

Die Gartenlaube kommt in die Hände von Tausenden von deutschen Lehrern. Möchten doch recht viele derselben die hier gegebenen Winke beherzigen! Etwaige Anmeldungen würden an das großherzoglich hessische Ministerium des Innern in Darmstadt zu richten sein. E. P.“     


Aus unserem papierenen Zeitalter. In Nr. 45 der Gartenlaube v. J. wird in dem Artikel „Aus unserem papierenen Zeitalter“ die Summe der in Elberfeld fabricirten Briefcouverts auf circa tausend Millionen Stück irrthümlich angegeben. Diese Summe dürfte die ganze in Deutschland überhaupt jährlich verbrauchte Anzahl Briefcouverts annähernd repräsentiren, denn der Verkehr der deutschen Post war im Jahre 1873 rund vierhundertachtundsiebenzig Millionen gewöhnliche Briefe und neunundvierzig Millionen Geldbriefe. Nimmt man an, daß im Privatverkehr von Haus zu Haus eine gleiche Anzahl Briefe zur Versendung kommt, so ergiebt sich die Gesammtsumme von circa tausend Millionen. Elberfeld, welches die ersten und auch jetzt noch die größten Fabriken von Briefcouverts aufweist, ist nicht ohne Concurrenz geblieben, welche namentlich in Stuttgart, Frankfurt am Main, Düren und Berlin von Bedeutung ist. Augenblicklich fabricirt Elberfeld etwa ein Drittel aller in Deutschland verbrauchten Couverts, etwa dreihundert bis dreihundertfünfzig Millionen jährlich, von welcher Zahl die Hälfte, ungefähr hundertfünfzig Millionen, von der bedeutendsten jetzt bestehenden Couvertfabrik (Reinhart Schmidt), deren Leistungen auch auf der Wiener Weltausstellung durch die Jury anerkannt sind, allein hergestellt wird.

Die Fabrikation anlangend, ist zu bemerken, daß die besten durch Dampfkraft getriebenen Couvertmaschinen nicht über 23000 bis höchstens 25000 Stück per Tag, bei zehnstündiger Arbeitszeit, zu fertigen im Stande sind. Auch dieses Resultat ist nur mit dicken Papieren zu erzielen, während bei dünneren Papieren, namentlich bei sogenanntem Hanfpapier, die Maschinen so viel langsamer laufen müssen, daß nur auf 18000 Stück per Tag gerechnet werden kann. Warum diese Hanfcouverts so stark in Verbrauch gekommen sind, läßt sich schwer erklären, da dieselben für den inländischen Verkehr durchaus keinen Vortheil bieten, dagegen den Nachtheil haben, daß man durch das dünne Papier derselben jede Schrift lesen kann.

Interessant ist der Einfluß, welchen die Einführung der Postkarten auf den Couvertverbrauch hatte. Bei dem billigen Preise von sechs Pfennigen für die Postkarte erwartete man eine Abnahme des Briefverkehrs und damit des Verbrauchs an Couverts. Es hat sich aber hier wieder offenbar gezeigt, wie jede Erleichterung des Verkehrs diesen selbst hebt. Die Zunahme des Bedarfs der Briefcouverts in den Jahren 1872 und 1873 gegen das Vorjahr war nämlich jedes Mal weit größer als die Summe aller überhaupt versandten Postkarten.


Lindau’s neuestes Lustspiel „Der Erfolg“ ist nunmehr auch in Leipzig verschiedene Male und stets mit großem Beifall zur Aufführung gekommen. Berlin, das bei der ersten Aufführung das Stück fast auspfiff, hat sich seitdem besonnen und den „Erfolg“ binnen Monatsfrist dreizehn Male bei stets gefülltem Hause angesehen; Hamburg brachte das Lustspiel mit einem Erfolg zur Darstellung, wie er seit langen Jahren dort nicht erlebt wurde, und auch in Wien, Dresden, Weimar, Braunschweig, Breslau, Graz etc. schlug das jedenfalls mit großem Geschick gearbeitete Stück bei starkbesetztem Hause vollständig durch. Das sind Thatsachen, die man nicht verschweigen sollte. Lindau mag durch seine Rücksichtslosigkeiten viele Herren von der Presse vor den Kopf gestoßen haben, und wir am wenigsten wollen Alles vertheidigen, was seine scharfe und ätzende Feder verbrochen – hat er uns selbst doch hier und da mit kleinen Seitenhieben bedacht. Warum aber soll der Lustspieldichter die Sünden des gefürchteten Recensenten büßen? Die Kritik ist sicherlich in ihrem Rechte, wenn sie die Fehler eines Stückes, die Poesielosigkeit oder den Mangel an guten Charakteren nachweist und verurtheilt, aber sie hat auch die Verpflichtung, den Erfolg zu registriren, falls eine neue Leistung, trotz ihrer einzelnen Schwächen einen solchen erfahren hat. Das ist hier nicht geschehen, und deshalb wollen wenigstens wir das Versäumte nachholen und zugleich unsere Freude aussprechen, daß hier und da immer wieder ein frisches Talent auftaucht, das uns, wenn auch nicht immer mit Meisterwerken, jedenfalls doch mit anregenden und gern gesehenen Bühnenstücken beschenkt.


Zur Notiznahme. Trotz wiederholter Erklärungen gehen uns nach wie vor häufige Anfragen zu, welche sich auf Inserate der von G. L. Daube und Compagnie in Frankfurt a. M. herausgegebenen und der Gartenlaube beigelegten „Allgemeinen Anzeigen“ beziehen. Wir sehen uns daher veranlaßt, abermals zu erklären, daß das genannte Annoncen-Blatt weder mit der Verlagshandlung noch mit der Redaction der Gartenlaube in irgend einem andern als einem rein äußerlichen Connex steht, und daß jede auf dasselbe bezügliche Anfrage direct an den Redacteur jenes Blattes, Herrn Max Leonhard in Leipzig, nicht aber an uns zu richten ist, wie wir auch hiermit wiederholt betonen, daß die Verantwortlichkeit für Annoncen der „Allgemeinen Anzeigen“ lediglich die genannte Firma, nicht aber die Redaction oder Verlagshandlung unserer Zeitschrift zu tragen hat.



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1875). Leipzig: Ernst Keil, 1875, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1875)_040.jpg&oldid=- (Version vom 28.2.2021)