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verschiedene: Die Gartenlaube (1856)

bis 21/2 Gewichtstheile z. B. 2 Loth chlorsaures Kali mit wenig ziemlich dünnem Gummiwasser oder warmem Leimwasser sehr fein und fügt nun der breiigen Masse 1 Gewichtstheil also z. B. 1 Loth käufliches Spießglanzerz (Schwefelantimon), welches man vorher in einer andern Schale ziemlich fein zerrieben hat, zu, mischt nun beide Körper durch Umrühren mit einem Holzstäbchen oder vorsichtiges Zusammenreiben möglichst gut. Beim Eintauchen der Hölzchen in diese Zündmasse hat man nur darauf zu achten, daß nicht zu wenig davon, sondern ein ziemlich dickes Köpfchen an dem Ende einen jeden Hölzchens hängen bleibt. Dann läßt man die Hölzchen in der Klemme, die an luftigen Orten oder in warmen Räumen aufgehängt wird, vollständig trocknen.

Die Reibmasse für das Reibzeug, auf welchem die Hölzchen rasch aufgestrichen werden müssen, besteht nur aus amorphem Phosphor und Braunstein; sie wird bereitet, indem man 4, höchstens 6 Gewichtstheile Braunstein, der ziemlich fein zerrieben ist, in einer Schale mit wenig dünnem Gummiwasser anreibt, hierzu einen Theil pulverförmigen amorphen Phosphor setzt und das Ganze durch Reiben, was völlig gefahrlos ist, recht gut mischt. Die Mischung kann mit einem Pinsel sogleich auf Holz oder Pappe aufgetragen werden und das Reibzeug ist fertig. Um sie auf Blech aufzutragen, muß man das Blech erst mit einem Gemenge von Leinöl und Bleioxyd überziehen und den Ueberzug trocknen lassen.

Die Fabrikation der Anti-Phosphorhölzchen ist daher eine sehr einfache und gefahrlose; auch werden die Arbeiter nicht durch den schädlichen Phosphorgeruch belästigt, da der amorphe Phosphor ganz geruchlos ist. Uebrigens will ich nicht versäumen zu bemerken, daß der amorphe Phosphor, wie man ihn bei den Droguisten (in den Kräutergewölben) zu kaufen bekömmt, nicht immer ganz genau dieselbe Zündkraft besitzt. Man muß sich daher bei der Bereitung der Reibmasse hiernach richten und immer erst einige Proben im Kleinen anstellen. Erweist sich die Mischung von 6 Theilen Braunstein und 1 Theil amorphem Phosphor als zu schwach, so daß sich die Hölzchen beim Aufstreichen nicht immer und nicht rasch genug entzünden, so muß man das Verhältniß ändern und etwas weniger, also z. B. nur 4 Theile Braunstein auf 1 Theil amorphen Phosphor nehmen. Eine Mischung von 3 Theilen Braunstein auf 1 Theil amorphen Phosphor (hierunter sind stets Gewichtstheile gemeint) fand ich gewöhnlich zu stark; die Hölzchen entzünden sich nämlich an derselben allerdings sehr rasch und augenblicklich beim Aufstreichen, ja oft beim bloßen Aufdrücken auf ein damit bestrichenes Täfelchen, allein oft entzündet sich dabei die ganze auf dem Täfelchen befindliche Reibmasse und brennt ab, wie ich dies mehrmals bei den nürnberger Anti-Phosphorhölzchen gesehen habe. Einen sehr hemmenden Einfluß üben jedoch auch das Gummi und der Leim auf die Entzündbarkeit aus und man darf daher sowohl zu der Zündmasse der Hölzchen, wie zu der Masse des Reibzeuges nur so viel von diesen Klebmitteln nehmen, als gerade nothwendig ist, um die Masse haftend genug zu machen. Je mehr Gummi oder Leim man genommen hat, desto mehr amorphen Phosphor braucht man, um eine leichte Entzündbarkeit hervorzubringen.

Als Vorsichtsmaßregeln bei der Fabrikation oder bei der Benutzung dieser Hölzchen sind folgende Verhältnisse beachtenswerth: man hüte sich ja, den amorphen Phosphor besonders im trocknen Zustande mit dem chlorsauren Kali zusammenzubringen, weil hierbei der Phosphor mit blitzähnlicher Erscheinung abbrennt.

Die Gefahr für Entstehung von Feuersbrünsten, welche man durch Einführung der Anti-Phosphorhölzchen zu beseitigen hofft, wird nur dann ziemlich vollständig zu beseitigen sein, wenn die Reibmasse auf einem von den Hölzchen abgesonderten Reibzeuge, nicht wie es jetzt geschieht, auf jeder einzelnen Schachtel befestigt wird und man das Reibzeug so aufbewahrt oder so an die Wand hängt, daß Kinder nicht dazu kommen können. Denn ist die Reibmasse auf jeder einzelnen Schachtel, so bleibt die Feuergefährlichkeit ziemlich dieselbe; im Gegentheil, die Kinder werden diese Hölzchen noch viel lieber in Brand bringen wollen, weil sie, wenn sie sich entzünden mit lebhaftem Zischen und blendend weißer schöner Flamme abbrennen. Ist aber das Reibzeug gut verwahrt, so ist kein Unglück möglich. Wie sehr gefährlich diese Hölzchen werden können, beweist folgender Vorfall, der sich kürzlich in einem Verkaufslokale in Leipzig zugetragen hat. Ein junger Mann hatte eben mit Leim gearbeitet, die innere Fläche seiner Hand war noch klebrig; als er aufgefordert wird, einem Käufer die Anti-Phosphorhölzchen zu zeigen. Er öffnet eine rundgedrehte Schachtel so, daß der mit der Reibmasse bestrichene etwas gewölbte Deckel gerade gegen den klebrigen Theil der innern Handfläche angedrückt wurde und schüttet hierauf die Hölzchen aus der Schachtel auf dieselbe Hand heraus. Jedenfalls hatte sich etwas von der Reibmasse von dem Deckel gelöst und war an der Hand hängen geblieben; denn auf einmal entzündeten sich die Hölzchen, wobei die ganze innere Fläche der Hand schrecklich verbrannt wurde. Dieser einzige Fall spricht ebenfalls dafür, daß keine Reibmasse auf die Schachteln gestrichen werden darf, wenn nicht noch viele ähnliche und noch schlimmere Unglücksfälle durch solche Unvorsichtigkeit entstehen sollen.

Dr. H. Hirzel. 




Pariser Studentenleben.
Kulturgeschichtliche Skizze von Karl Wartenburg.

Die pariser Studenten haben, oberflächlich betrachtet, wenig mit ihren deutschen Commilitonen gemein. Es gibt unter ihnen weder Corpsburschen, noch Burschenschafter; sie tragen daher auch keine Bänder und Mützen mit den Verbindungsfarben, sie haben auch keinen „Landesvater“ im Hut oder Barett und auch jene altehrwürdige, auf allen deutschen Universitäten unter dem Namen „Comment“ wohlbekannte Observanz ist ihnen fremd. Vor H. Heine hatten die Franzosen fast gar keinen Begriff vom eigentlichen Wesen des deutschen Studententhums und die Enthüllungen, die ihnen der Dichter des Buchs der Lieder und der Reisebilder darüber machte, waren auch nicht besonders geeignet sie aufzuklären. Ihre, aus eigener Anschauung aber entsprungenen Schilderungen dieser echt deutschen Kulturerscheinung sind höchst wunderlicher Art und selbst ihre berühmten Schriftsteller haben das innere, charakteristische Wesen unseres deutschen, studentischen Lebens so wenig erkannt und es mit einer Naivetät dargestellt, die unwillkürlich ein Lächeln entlockt. Alexander Dumas selbst entwirft in einem seiner Romane: „Dieu dispose“ (Gott lenkt) eine Beschreibung deutschen, akademischen Lebens und Treibens, die wahrhaft ergötzlich-komischer Art ist, und wer jene Schilderung gelesen, wird sich nicht mehr darüber wundern, daß in Bezug auf die ars bibendi unsere Nachbarn jenseits des Rheins uns noch den Platz vor der rum- und grogtrinkenden Nation des lustigen Altenglands einräumen. Denn die Massen von Bier und Wein, welche Dumas in jenem Roman bei einem deutschen Studentencommers trinken läßt, wären hinreichend, um für einen Tag den Durst der ganzen Bevölkerung von Paris, die Garnison mit inbegriffen, zu löschen. Ein Bravourstück, welches Dumas in „Gott lenkt“ erzählt, wird zeigen, welche Fähigkeiten die Franzosen uns in dieser Hinsicht zutrauen.

Zwei alte Studenten – er nennt sie Trichter und Freßwanst – kehren von einem Ausflug nach der Stadt heim, verspüren aber unterwegs einen heftigen Durst. Nach einigem Suchen finden sie eine einzeln stehende Bauernschenke, am Neckar gelegen, in der sie jedoch nur die alte Wirthin zu Hause treffen, da der Mann nach der Stadt gegangen ist, um Kirschwasser, das ihm ausgegangen war, einzukaufen. Die beiden Musensöhne haben aber nun gerade ein Verlangen nach gebranntem Wasser und zum Glück entdeckt die Bäuerin in einem Wandschrankwinkel eine grüne, halbgefüllte Glasflasche, welche sie den Beiden kredenzt. Mit großem Behagen leeren diese denn auch die Bouteille und entfernen sich mit dem Versprechen wieder zu kommen, da sie noch nie einen so kräftigen Branntwein getrunken hätten. Als der Mann endlich heimkehrt, erzählt ihm die Frau den Vorfall, aber kaum hat er die Flasche erblickt, aus welcher die Beiden getrunken, so überzieht Leichenblässe sein Gesicht und tief erschrocken

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verschiedene: Die Gartenlaube (1856). Ernst Keil, Leipzig 1856, Seite 461. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1856)_461.jpg&oldid=- (Version vom 14.9.2022)