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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

Zur Erprobung der Schiffhebung konnten vor der Hand nur zwei dieser Luftpumpen beschafft werden, obwohl zur rechten Förderung der Arbeit wenigstens deren vier gehörten, um, sobald es nothwendig, zwei Taucher und zwei Ballons oder Kameele an beiden Schiffsseiten zugleich mit Luft versehen zu können. So lange die Mittel dazu nicht ausreichen, so lange nicht ein zweites Bremen in Deutschland sich findet, um die Herstellung von noch zwei solchen Pumpen für das Unternehmen zu ermöglichen, so lange müssen immer noch Schlauchfeuerspritzen als nicht einmal allezeit zuverlässige Aushülfe eintreten.

W. Bauer’s neue Luftpumpe.

Die Luftpumpen führen uns zu den Tauchern; ihre Arbeit ist bei der Schiffhebung nach Bauer’s System der wichtigste, daher für sie die größte Aufmerksamkeit, aber auch über sie die strengste Controle nothwendig ist, wenn sie nicht selbst von der Ehre ihres Berufs durchdrungen sind und im Erfolg ihrer Arbeit einen unvergänglichen Lohn zu erkennen vermögen.

Auch an den Taucherapparaten hat der menschliche Scharfsinn sich schon vielfach erprobt. Die Neugierde, die Wißbegierde und der Erwerbtrieb standen ohne Zweifel schon frühe vor manchem tiefen Wasser, und für die Befriedigung derselben haben wohl Tausende, wie Schiller’s Taucher, ihr Leben gelassen, denen der Königsbefehl dazu aus der eigenen Brust kam. Das Geheimnißvolle zieht uns ewig nach der stillen Tiefe: Jeder trägt die Sehnsucht von Goethe’s Fischer und Jeder die Neugierde von Schiller’s König in sich.

Taucherhelm mit Reiteisen und Taucherballast.

Die ersten Taucher kannten natürlich keinen Apparat; sie blieben eben so lange in der Tiefe, als es ihr Athem erlaubte. Darum bestand aber ihre Kunst gerade in der Beherrschung der Athmungswerkzeuge. Wie im höchsten Alterthum finden wir diese Taucher noch heute in bewundernswürdiger Ausbildung besonders bei uncultivirten Völkern. Am bekanntesten sind in dieser Beziehung die ostindischen Perlenfischer; Gmelin berichtet (in seiner Reise durch Rußland) von astrachanschen Tauchern, welche sieben Minuten unter Wasser zubringen konnten; jene Perlenfischer sollen es sogar bis zu 12–15 Minuten bringen.

So anerkennenswerth jedoch solche Leistungen sind, so verlieren sie an Werth, sobald andauernde und bedeutenden Kraftaufwand erfordernde Arbeiten in Tiefen von 70 bis 100 Fuß vollbracht werden sollen. Das Bedürfniß trieb zur Erfindung eines Mittels, dem Taucher Luft von oben in die Tiefe nachzusenden oder auch in Vorrath mitzugeben. Wie früh dieser Gedanke erwachte, dafür spricht die Thatsache, daß schon Aristoteles einen Apparat beschreibt, der dem Taucher einen längeren Aufenthalt, als ihm die eigene Lunge allein gestattete, im Wasser ermöglichen sollte; nur geht aus der Beschreibung nicht deutlich hervor, ob wir hier einen der ersten Versuche der Taucherhauben oder der Taucherglocken[1] zu begrüßen haben. – Von den neueren Taucherapparaten sind besonders zwei bekannt geworden, der Karl Coudert’s und der Klingert’sche. Jener bestand aus einer Leinwandkleidung, die mit Kautschuk überzogen und in deren Kopftheile vor den Augen ein Glas angebracht war. Das Charakteristische dieses Apparats bildete aber eine hufeisenförmig gebogene Kupferröhre von 6 Zoll Durchmesser und 4 Fuß Länge, die mit comprimirter Luft angefüllt und durch einen Schlauch mit dem obern Theile der Taucherkleidung verbunden war; aus dieser Röhre konnte der Taucher mittelst eines Hahns stets so viel Luft zu sich einlassen, als zum Athmen für ihn und zum Zurückdrängen des Wassers aus dem oberen Bekleidungstheil nöthig war. – Klingert’s Apparat entspricht dem, in welchem wir in Nr. 48 Bauer’s Helmtaucher unsern Lesern im Bilde vorgestellt haben. Der Taucher wird nicht mehr mit einem Luftbehälter belastet, sondern erhält die nöthige Luft durch den Schlauch, welcher den Taucherhelm mit der Luftpumpe verbindet. Mit Hülfe dieses Apparats brachte man z. B. aus einem an der Küste von Ambleteuse gesunkenen Schiffe von einer Partie von 860 Flaschen Quecksilber, die dem Hause Rothschild in London gehörten, bei sieben Arbeitstagen 336, im Werthe von 200,000 Fr., empor. Bis zu einer Tiefe von 70 Fuß kann der Taucher mittelst dieses Apparats gegen sieben Stunden in der Tiefe zubringen, wenn er nicht schwere, stark anstrengende Arbeit hat. Je tiefer der Taucher geht, desto weniger widersteht er dem steigenden Luftdruck auf die Länge. Eine Tiefe von 126 Fuß war lange Zeit das Aeußerste der Taucherleistung, bis im Jahre 1852 ein Taucher im Eriesee, Namens Green, der das untergegangene Dampfschiff Atlantic aufzufinden suchte, das bisherige Tiefmaß großartig überschritt; er soll bis zu einer Tiefe von 154 Fuß vorgedrungen sein.

Unser Bildchen zeigt uns den Taucherhelm mit seinen beiden Hauptverbindungen nach oben, dem Tau, welches ihn trägt, und den Schlauch, welcher ihm Luft zuführt, und dem sogen. Reiteisen und dem Taucherballast nach unten. Das unter dem Helm herunterlangende, unten abgerundete, nach hinten sich wieder aufwärts kehrende Eisen trägt seinen Namen mit Recht, denn der schwebende Taucher reitet auf ihm. Helm und Reiteisen zusammen wiegen 26 Pfund; die Taucherkleidung wiegt 34 Pfund. Da aber die im Kleide und Helm eingeschlossene Luft dem Sinken des Mannes jemehr entgegenwirkt, je tiefer er kommt, so hat er den Ballast nöthig, der aus vier Bleiringen besteht, die zusammen 86 Pfd. wiegen. Diese Gewichte zusammen mit der Schwere des Tauchers selbst befähigen ihn, auf dem Grunde des Sees von 73 Fuß Tiefe oder auf dem gesunkenen Schiffe ungefähr mit einem Druck von 30 Pfund zu gehen. – Die Signalschnur wird bei jedem Tauchen erst an dem Reiteisen angeknüpft.

Eine große Erleichterung ist für die unterseeischen Arbeiten dadurch bewirkt, daß der Taucher an einem horizontal vorn Mast auf 40 Fuß hinausreichenden Baum (Receptor genannt) mittelst eines an diesem befestigten Laufseils auf diese Strecke vom Arbeitsschiffe entfernt werden und durch Versetzung des Receptors nach links oder rechts in den Stand gesetzt werden kann, um das gesunkene Schiff herumzugehen, ohne daß das Arbeitsschiff seine eigene Lage zu verändern braucht. Die Verständigung zwischen dem Taucher in der Tiefe und dessen Führer auf dem Arbeitsschiff geschieht, wie bereits mehrfach erwähnt, durch die Signalleine. Die Signale werden vom Taucher durch Zucken (|) oder Ziehen (–) gegeben und sind folgende: – – (also zwei Mal Ziehen) bedeutet „Achtung!“, – – – „Auf!“, – – – – „Nieder!“, – – – (das mittlere ein länger andauerndes Ziehen) bedeutet „1. Cajüte!“, – – – – „2. Cajüte!“, – „vom Schiff abwärts!“, – – „zum Schiff!“, – – – – – „Auf! Gefahr!“, –– –– –– „Mehr Luft!“, ||||||| „Gegenstand herunter!“, |||||| „Gegenstand auf!“ |||||||| „Arbeit fertig!“, ||| ||| ||| „Luft in den Ballon pumpen!“ etc. – Daß das Verständniß

  1. Als eine der ältesten Nachrichten von Taucherglocken in Europa gilt die des P. Schott vom Jahre 1538, nach welcher vor den Augen des Kaiser Karl V. zwei Griechen unter einem umgekehrten kupfernen Kessel mit einem brennenden Licht in das Wasser hinabgelassen worden seien, und als man den Kessel nach einiger Zeit wieder herausgezogen, seien die Männer noch am Leben und das Licht noch brennend gewesen. Diesem großen Wunder wohnten über 10,000 Menschen bei und alle staunten vor dem damals noch Unerhörten!
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verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 797. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_797.jpg&oldid=- (Version vom 13.12.2020)