Seite:Die Gartenlaube (1870) 791.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Verschiedene: Die Gartenlaube (1870)

Blätter und Blüthen.


Der Sieger von Beaumont. (Mit Abbildung.) Nach den großen Schlachten vor Metz vom vierzehnten bis achtzehnten August wurden durch eine königliche Ordre das vierte und das zwölfte (königl. sächsische) Armeecorps von der zweiten Armee abgezweigt, um gemeinsam mit dem preußischen Gardecorps eine vierte Armee zu bilden, deren Oberbefehl der Kronprinz Albert von Sachsen erhielt. Seine Unterbefehlshaber wurden Prinz August von Württemberg von der Garde, General von Alvensleben vom vierten Armeecorps und Prinz Georg von Sachsen trat in die Stellung seines Bruders als Chef des zwölften Armeecorps. Zur vierten Armee gehörten ferner die fünfte und sechste Cavalleriedivision, jene unter dem General von Rheinbaben, diese unter dem Herzog Wilhelm von Mecklenburg.

Eine solche Auszeichnung, wie die Führerschaft über eine solche Streitmacht offenbar zu nennen ist, mußte in einem so ernsten Kriege und unter so gewissenhafter Leitung in der Erprobtheit des Erwählten begründet sein. In der That zog der älteste Sohn des Königs Johann von Sachsen schon als zwanzigjähriger Jüngling das Schwert in einem guten patriotischen Kampfe: in jenem ersten schleswig-holsteinischen Bundeskriege, in welchem Sachsen und Baiern am dreizehnten April 1849 die ersten Düppelstürmer waren. Hatte der Prinz damals seinen persönlichen Muth bewährt, so gab das Jahr 1866 ihm Gelegenheit, als Befehlshaber der sächsischen Armee in Böhmen die Fähigkeit zur Führung großer Truppenkörper, und zwar in den bedenklichsten Momenten, in einer Weise darzuthun, die selbst des Gegners Anerkennung fand. Der amtliche Kriegsbericht des preußischen Generalstabs hob seinerzeit die taktische Gewandtheit und die Präcision, mit welcher Kronprinz Albert mehrere Male, namentlich bei Königsgrätz, in den Kampf eingegriffen, besonders hervor.

Nach der Neugestaltung des deutschen Heerwesens durch das Oberhaupt des norddeutschen Bundes bildete die königlich sächsische Armee das zwölfte Armeecorps dieses Bundes, und Kronprinz Albert wurde der Chef desselben. Beim Ausbruch des gegenwärtigen Krieges der zweiten Armee des Prinzen Friedrich Karl zugetheilt, nahm das Corps hervorragenden Antheil an dem Kampfe bei St. Privat und trug wesentlich zur Einschließung Bazaine’s in den Metzer Fortsgürtel bei, Als die erste und zweite Armee das Wächteramt vor Metz übernahmen, traten die beiden Kronprinzen-Armeen den Marsch nach Paris an. Der Abmarsch der Franzosen aus dem Lager von Chalons, ihre Absicht, durch eine nordöstliche Wendung dem Stoß der Deutschen zu entgehen und Metz zu erreichen, führte zu den Gefechten und Schlachten von Nouart, Beaumont und Sedan, in welchen Kronprinz Albert sein Feldherrntalent abermals bewährte und sich das Eiserne Kreuz verdiente.

Nach diesem größten Siege des Jahrhunderts vollendeten dann beide Kronprinzen den Marsch nach Paris, dessen Ost- und Nordseite der Umarmung der vierten Armee übergeben ist. Da, so lange die Welt steht, noch keine Festung von der Größe von Paris belagert worden ist, so sind auch die Lorbeern außergewöhnliche, welche hier den glücklichen Siegern blühen.



Norton der Erste,
Kaiser der Vereinigten Staaten und Protector von Mexico.

Kaiser Norton. Unsere Leser erinnern sich wohl noch der Notiz in Nr. 32 u. 42 Jahrgang 1869 unseres Blattes, worin zuerst von der Existenz eines mächtigen Potentaten in San Francisco berichtet wurde. Der Redacteur der Gartenlaube erhielt nun soeben eine sehr interessante Zuschrift aus Californien, die wir bei der Wichtigkeit der Sache der Oeffentlichkeit nicht vorenthalten dürfen. Sie lautet:

„San Francisco, Anfang October 1870.

Ich nehme mir die Freiheit, sehr geehrter Herr, Ihnen beifolgend ein auf Ihren Namen von Norton dem Ersten, dem Kaiser der Vereinigten Staaten und Protector von Mexico, ausgestelltes Anleihe-Certificat zu überreichen. Seine Majestät wünschen, in Berücksichtigung der durch den deutsch-französischen Krieg verursachten allgemeinen Handelskrisis, allen Capitalisten eine Gelegenheit zu verschaffen, ihre Gelder sicher zu investiren, und haben deshalb diese Schatzscheine ausgestellt. In San Francisco haben die begüterten Engroshändler sowohl als die ersten Bankfirmen dieses glänzende Anerbieten mit Dank entgegengenommen, und sieht man bereits des Kaisers Schatzscheine fast in jedem ihrer Bureaus eingerahmt über den eisernen Geldschränken hängen. Seine Majestät der Kaiser sähen es gerne, wenn diese Papiere auch auf europäischen Börsen notirt würden.

Der französisch-deutsche Krieg hat Seiner Majestät besondere Unzufriedenheit erregt und ist Er bemüht, dem Blutvergießen Einhalt zu thun. An Wilhelm von Preußen hat Er deshalb bereits ein energisches Telegramm entsendet und wird sich herablassen, nächstdem auch an Bismarck einige Drohungen ergehen zu lassen, und ihm befehlen, Frieden zu schließen.

Ihnen, werther Herr Keil, schickt der Kaiser auch noch Sein Bildniß mit eigenhändiger Namensunterschrift, zum Beweise Seines besonderen Wohlwollens, durch die Vermittelung

Ihres ganz ergebenen  
Theodor Kirchhoff“

Der mit rosafarbenen Lettern bedruckte Schatzschein, welcher außer der eigenhändigen Unterschrift und dem Siegel des Kaisers noch die Abbildung eines feuerfesten, zu allem Ueberfluß von einem Hunde bewachten Geldschrankes giebt, lautet:

„Der Betrag nebst Zinsen wird convertirt in siebenprocentigen Bonds von 1880 oder ausgezahlt von den Agenten unseres Privatvermögens für den Fall, daß die Regierung Norton’s des Ersten nicht fortbestehen sollte.

Norton der Erste, 
Kaiser der Vereinigten Staaten und Protector von Mexico.“



Der Stürmer von Orleans. (Mit Abbildung.) Das Jahr 1870, so reich an herrlichen, großartigen Erfolgen für das gesammte deutsche Volk, hat speciell einem Manne, der einst viel gescholten und viel gelästert worden ist, eine Genugthuung und Rechtfertigung gewährt, die ihm wohl zu gönnen war und die schwerer in die Wagschale fällt, als seiner Zeit ein die verleumderischen ultramontanen Blätter verurtheilender Richterspruch in die Wagschale gefallen wäre. Es ist ja noch bekannt, wie nach dem für Baiern so unglücklichen Verlauf des Krieges von 1866 die an den Ufern der Isar und der Donau heimischen, ihr Stichwort aus den bischöflichen Palais holenden Tagesblätter wüthend über den General Ludwig Freiherrn von der Tann, welcher dem Prinzen Karl als Chef des Generalstabes der mobilen baierischen Armee beigegeben war, herfielen, ihn theils der Unfähigkeit, theils des Verraths beschuldigend. Der General, der nie ein Hehl daraus gemacht hatte, daß seine politische Gesinnung und sein patriotisches Empfinden über die blauweißen Grenzpfähle hinausreicht, mußte der particularistischen Partei in Baiern von je ein Dorn im Auge sein, und wenn es auch ihren eifrigsten Bemühungen nicht gelang, den bei der ganzen Armee hochgeschätzten und von seinem Könige mit Auszeichnung überhäuften Mann zu stürzen, so mußte es doch bei den Wohldenkenden eine gewisse Verstimmung zurücklassen, aus dem von General von der Tann angestrengten Proceß die ultramontanen Blätter unverurtheilt hervorgehen zu sehen.

Die dem schwer beleidigten Manne damals versagt gebliebene Genugthuung hat er sich nunmehr glänzend selbst geholt und der vielgepriesene Führer der schleswigschen Freischaaren hat seine alte Tüchtigkeit in noch viel umfassenderer Weise auf’s Neue bewährt. Die Tage von Wörth, Beaumont, Sedan und Orleans sind für die baierischen Truppen ebenso ruhmreiche, als blutige Tage gewesen, und es mag dem Führer des ersten baierischen Armeecorps ein freudiges Bewußtsein sein, daß diese von seinen braven Soldaten errungenen Erfolge dem ganzen großen deutschen Vaterlande zu gut kommen werden.



Mac Mahon. Von allen Marschällen und Generälen, welche dem französischen Exkaiser gedient haben und von denen nicht jeder den Anspruch auf den Namen eines „honetten“ Mannes zu machen vermag, ist Mac Mahon dadurch ausgezeichnet, daß selbst nach der für Deutschland so glorreichen Capitulation von Sedan seine Feinde keine Verdächtigung seines Charakters oder seiner Tapferkeit wagen durften. Es wird unsere Leser darum interessiren, zu erfahren, daß die Mutter des genannten Mannes eine Deutsche war und daß dieser selbst somit halb ein Sohn des Landes ist, dessen Bekriegung für ihn so verhängnißvoll werden sollte. Nach einer Version, die augenblicklich durch mehrere Zeitungen geht, war der Vater des Marschalls als französischer Kriegscommissair 1807 in Hannover im Hause des Medicinalraths Hurlebusch einquartiert, wo er dessen Nichte Emilie, die verwaiste Tochter des ehemaligen kurhannoverschen Hauptmanns Behne, kennen und lieben lernte. Seine Liebe ward erwidert, und seinem Muthe gelang es, die Geliebte, die man wider ihren Willen vor ihm nach Rinteln an der Weser geflüchtet hatte, nach Hameln und von dort nach Frankreich zu entführen. Hier wurde Emilie Behne die Gattin des Kriegscommissairs Mac Mahon und gebar ihm 1809 einen Sohn, den nachmaligen tapfern französischen Marschall M. Ed. Maurice Patrice Mac Mahon, Herzog von Magenta.



Der Prinz von Armenien. In Nr. 34 der Gartenlaube von 1869 erzählte Herr Wallner von den großartigen Schwindeleien einen Hochstaplers, welcher unter obigem Titel 1865 in Berlin der Criminaljustiz verfiel, ohne daß sein Geheimniß je vollständig hat gelüftet werden können. Der Artikel schließt daher mit der Frage: „Wer war der Prinz von Armenien?“ Darauf erhalten wir soeben von dem Lehrer der reformirten Kirche in Pehalongan aus Java, Herrn Bruinier, folgende Nachricht: „Dieser Prinz von Armenien war Daniel Johannes, geboren in Samarang auf Java, Sohn des reichen vormaligen Opium-Pächters Johannes, ein Armenier.“

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Gartenlaube (1870). Leipzig: Ernst Keil, 1870, Seite 791. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1870)_791.jpg&oldid=- (Version vom 29.12.2019)