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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

haben. Er ist wahrscheinlich zuerst von oben in den Keller geschlichen. Dort hat er zunächst Licht angebrannt.“

„Hat King denn ein Licht?“

„Nein, aber Hark.“

„Wo?“

„Hinter einem kleinen, schräg hängenden Spiegel über seinem Bett, an dem King vorbei muß, wenn er nach seiner Kammer geht oder von dieser herkommt.“

„Gut – weiter!“

„Sowie also King dieses Licht im Keller angebrannt hatte, schlich er – so denke ich mir den Hergang – wieder nach oben, zum Zimmer seines Meisters und weckte diesen durch den leisen Zuruf: ‚es seien Diebe im Keller.’ Der Meister öffnete, halb angekleidet, seine Thür, und der Geselle bat ihn, sehr still zu sein, um die Diebe nicht zu verscheuchen. Er zeigte ihm vielleicht zu seiner Beruhigung die Waffe, die meinem armen Herrn später das Herz durchbohren sollte.“

(Fortsetzung folgt.)




Blätter und Blüthen.


Ein Aufruf. Als sehr beachtenswerthes Zeichen der sorgenschweren Bewegung, welche die neuerdings wieder sichtlich hereindrohende Gefahr einer Gewaltherrschaft des orthodox-pietistischen Rückschrittsgeistes in den Kreisen des unabhängigen Bürgerthums hervorgerufen hat, ist soeben ein Aufruf erschienen, den wir unseren Lesern nicht vorenthalten wollen. Derselbe ist von angesehenen Ehrenmännern der deutschen Reichshauptstadt unterzeichnet und lautet:

„Die evangelische Landeskirche in Preußen krankt seit langer Zeit an dem ebenso allgemein beklagten wie bekannten Uebel, daß die in ihrem Namen verkündete Lehre in scharfem Widerspruche steht mit dem Glauben weitaus der meisten ihrer denkenden Glieder. Alle bisherigen Versuche, unsere Kirche aus der ertödtenden Umklammerung einer fanatischen Orthodoxie zu befreien, haben sich als fruchtlos erwiesen. In starrer Unduldsamkeit weist diese Orthodoxie jede Versöhnung mit dem modernen Geistesleben unseres Volkes zurück und zwingt diejenigen Männer, welche gegen die jetzt maßgebende unprotestantische Deutung des Evangeliums zu protestiren wagen, entweder um der Selbsterhaltung willen ihrer Ueberzeugung Schweigen zu gebieten, oder das Opfer dieser Ueberzeugung zu werden. – Die Hoffnungen, welche man in vereinzelten Kreisen auf die Wirkung der neuen Gemeinde-, Kirchen- und Synodal-Ordnung setzte, sind nach den Erfahrungen der letzten Jahre für den freisinnigen Protestantismus in ihr Gegentheil umgeschlagen. Auch die anerkennenswerthen Bestrebungen des Protestanten-Vereins haben die rückläufige Bewegung unserer kirchlichen Verhältnisse nicht aufzuhalten vermocht, weil die Arbeiten dieses Vereins bisher einen vorwiegend theoretischen Charakter an sich trugen, ohne einen thatkräftigen Reformversuch aus sich erzeugt zu haben.

An die Laienwelt, an das Volk selbst ist somit gebieterisch die Pflicht herangetreten, seiner Gewissensnoth aus eigener Kraft abzuhelfen und die als unerläßlich erkannte Reform der Kirche selbstständig in die Hand zu nehmen. – Dieser Aufgabe hat sich der in Berlin seit einigen Monaten wirkende ‚Protestantische Reform-Verein’ gewidmet, indem er es unternahm, unabhängig von dem officiellen Regimente der Landeskirche dem religiösen Bedürfniß der denkenden Gemeinde die Befriedigung zu verschaffen, welche das Herz verlangt, der Verstand aber am Fuße der orthodoxen Kanzeln nicht zu finden vermag.

Selbstverständlich bedürfen diese idealen Bestrebungen zu ihrer erfolgreichen Durchführung bedeutender materieller Mittel, zu deren Beschaffung die gegenwärtige Mitgliederzahl des ‚Protestantischen Reform-Vereins’ keineswegs ausreicht. Schon der Hauptverein in Berlin, an welchen sich im Laufe der Zeit immer mehr Zweigvereine in den Provinzen angliedern sollen, hat bei mäßigster Berechnung einen jährlichen Ausgabe-Etat von 6000 Mark, wovon 2000 Mark allein zur Beschaffung eines für unsere Gottesdienste geeigneten Saales erforderlich sind. An alle Diejenigen, welche mit uns der Ueberzeugung leben, daß die Religion, das heiligste Gut der Menschheit, nicht in todtem Formelwesen, sondern in der lebendigen That des Geistes besteht, an alle Diejenigen, welche noch einen Glauben an den Beruf und die Macht des freie Protestantismus haben, richten wir deshalb vertrauensvoll die Bitte, von diesem ihrem Glauben Zeugniß abzulegen durch die That.

Keineswegs sind wir gewillt, ohne Noth unsere Rechte als Mitglieder der evangelischen Landeskirche durch den Austritt aus derselben aufzugeben oder irgend Jemanden zu diesem Schritte zu veranlassen; ebenso fern liegt es uns aber auch, in unserem Vereine die Mitgliedschaft von der Zugehörigkeit zur Landeskirche abhängig zu machen. Um so weiter ist also der Kreis freisinniger Männer, an den wir uns wenden.

Zwei Dinge sind es, deren wir bedürfen: Mitglieder und Geld. Den größten Dienst werden Ihr uns erweisen, wenn Ihr mit Eurer Person für unsere Sache, das heißt in unseren Verein eintretet, aber auch diejenigen werden sich um unseren Verein verdient machen, welche aus Nah und Fern zu der Beschaffung der unserem Vereine nothwendigen Subsistenzmittel beitragen. Ueber die eingehenden Geldspenden soll in dem Jahresbericht des Vereins, welcher sämmtlichen Gönnern zugehen wird, Quittung ertheilt werden. Zur Empfangnahme von Beitrittserklärungen und Spenden, sowie zur Ertheilung näherer Auskunft ist jeder der Unterzeichneten gern bereit. Der Jahresbeitrag für die Mitgliedschaft ist auf mindestens sechs Mark festgesetzt.

Berlin, den 1. August 1879.

Der Vorstand des ‚Protestantischen Reform-Vereins’.

Dr. Kalthoff, Prediger, Steglitz bei Berlin, Mittelstraße 10. – Otto Albrecht, Kaufmann, Thurmstraße 45. - Hermann Lier, Rentier, Heiligenstraße 11. – Freese jun., Fabrikant, Wassergasse 18a. – Otto Geist, Buchdruckereibesitzer, Lindenstraße 13a. – Kalischer, Bezirksvorsteher, Bernauerstraße 15. – Dr. Roeseler, Arzt, Französischestraße 11/12. – I. F. Rauch, Kaufmann, Invalidenstraße 164. – Karl Meyer, Kaufmann, Oranienstraße 147. – W. Fiedler, Gürtlermeister, Brunnenstraße 107.“




Sind wir Deutschen denn wirklich unverbesserlich? Der große Krieg hat mit all seiner Glorie nichts an dem alten deutschen Hang geändert, das Fremde allezeit dem Heimischen vorzuziehen. „Nicht weit her sein“ ist heute noch ein Tadel für Menschen und Dinge: nur von jenseits der deutschen Grenze muß Etwas kommen, um Anspruch auf sofortige Beachtung zu haben – und so gilt sogar ein Hülferuf, der von draußen kommt, mehr, als einer innerhalb unserer Grenzen, wo er eben „nicht weit her“ sein kann. Das ist ein schweres nationales Gebrechen. Gewiß stimmen wir von ganzem Herzen dem Ausspruche bei, daß die Hülfe sich nicht nach dem Heimathschein und dem Glaubensbekenntniß der Unglücklichen richten soll. Wenn aber zwei Hülferufe zugleich an unser Ohr dringen, der eine von draußen, der andere von innen, so weiß der rechte Mann, daß die erste Hülfe dem Landsmann gebührt. Bei uns beliebt man in der Regel das Umgekehrte. Als vor Kurzem von den Ufern der Theiß und der Oder zugleich die Hülferufe der von der Wassersnoth Bedrängten laut wurden, nahm das imposantere Unglück in der Fremde uns so vollständig in Anspruch, daß die armen deutschen Landsleute fast ganz darüber vergessen wurden. War denn aber nach Stillung der heimischen Noth nicht immer noch Zeit genug übrig, um sich um die „ungarische Dankbarkeit“ zu bewerben?

Ein doppeltes Unglück, diesmal durch Feuersbrunst, hat abermals die Gelegenheit gegeben, unsern Patriotismus zu erproben: im Osten von Deutschland liegt die Hauptstadt Bosniens in Asche, das jetzt in Oesterreich-Ungarn seine Sympathien zu suchen hat, und im Westen, innerhalb der neuen Reichsgrenzen, ist ein Marktflecken abgebrannt, der durch die Vernichtung seiner werthvollen Erwerbsquellen einen Verlust von zwei Millionen Franken erlitten hat und rascher Hülfe bedarf. Als das Elsaß noch französisch war, hieß der Ort Châtenois; jetzt ist er wieder in’s Deutsche übersetzt worden und heißt Kestenholz (Kastanienholz). In der Hauptstadt Frankreichs rufen die Zeitungen die „patriotische Wohlthätigkeit“ für das abgebrannte „Châtenois“ an. Wird man in Deutschland „Kestenholz“ vergessen, weil – es nicht mehr im Ausland liegt? Mehr als je zuvor ist der deutsche Patriotismus in diesem Falle zu ermahnen, erst seine Schuldigkeit zu thun, ehe der kosmopolitische Zug wieder in die Fremde schwärmt. Der Opferstock für das elsässische Kestenholz sollte in jedem Orte des Reichs aufgestellt werden: es ist noch viel Gutes nöthig, um dort mit der neuen Wandlung zu versöhnen. Hier gilt’s: praktische Liebe!




Der Botaniker in Nöthen. (Mit Abbildung S. 581.) Wer heute die an Forschungen und Belehrungen so unschätzbaren Prachtwerke über Bonaparte’s ägyptische Expedition bewundert, glaubt es kaum noch, daß damals – zum Hohngelächter der ganzen Armee – für die Marsch- oder Lagerordnung der Befehl ertheilt werden konnte: „Die Packesel und die Gelehrten in die Mitte!“ – Und war denn die alte deutsche Volksphilosophie klüger, als sie das Sprüchwort erfand: „Je gelehrter, desto verkehrter?“ An diesen Witzreim hält sich noch heute gern die bildende Kunst, wenn es sie gelüstet, den in die Augen springenden Contrast darzustellen zwischen einem oft sehr ernsten geistigen Ziel und der ebenso oft vorkommenden körperlichen Unbeholfenheit im Forschen und Sammeln für dieses Ziel. Der Geologe, der im Feld oder im Gebirg mit dem Hammer Steine losschlägt und die Stückchen in die Sammelbüchse steckt, wird ebenso vom Bauer verlacht, wie vom vornehmen Waidmann; wenn das Resultat seiner Steinklopferei aber beim Spüren nach unterirdischen Schätzen Tausende an vergeblichen Bohrkosten erspart und für Hunderttausende neue Erwerbsmittel erforscht, sollte das Lachen aufhören. Auch der Botaniker auf unserem heutigen Bilde müht sich schwerlich einer Spielerei wegen ab, den Stengel der Wasserpflanze zu erhaschen. Wenn er aber dabei doch noch in den Teich fällt, dann wird wieder unser Sprüchwort floriren „Je gelehrter, desto verkehrter!“




Aufforderung. In Nr. 11 des Jahrgangs 1878 ist einer Harfe der Königin Marie Antoinette von Frankreich gedacht, die im Besitz einer Greisin und ein antiquarisches Werthstück sei. Wir bitten die Besitzerin, uns ihre Adresse mitzuteilen.

D. Red.




Kleiner Briefkasten.

A. E. in Riga. Dank für den Nachweis, daß der am Schluß unserer Notiz „Der schönste Tod“ („Blätter und Blüthen“ unserer Nr. 30) erwähnte Unglücksfall in einem Kaffeegarten in Riga, nicht aber in dem Geschäftshause stattfand, dessen Angehöriger der junge Mann war. Indessen ist das doch nur ein unwesentlicher Nebenumstand.

M. R. Leider nicht verwendbar, da wir den Gegenstand bereits in einem früheren Artikel behandelt haben.

Friederike M. Geben Sie vor allen Dingen Ihre volle Adresse an und stellen Sie uns einige Vertrauenspersonen!

G. in Frankfurt a. M. Herzlichen Dank für Ihre liebenswürdige Sendung!



Verantwortlicher Redacteur: Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 592. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_592.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)