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ungünstige Zeitverhältnisse heraufbeschworen, der Firma nicht erspart geblieben. Als aber im Jahre 1857 der Begründer starb, hatte er ein Unternehmen geschaffen, das bereits in dieser ersten Entwicklungsphase die schönsten Erfolge gezeitigt und den Keim künftigen Wachstums bereits in sich trug. Nach seinem Tode übernahmen 1858 seine Söhne Otto Irmler und Oswald Irmler – letzterer noch jetzt Inhaber desselben – das Geschäft. Beide hatten gleich ihrem Vater in den bedeutendsten Fabriken von Wien, Paris und London gearbeitet und sich umgesehen. Noch heute ist das Domizil der Firma das alte, in der früheren Holzgasse, jetzige Leplaystraße, indes hat es sein Aussehen mit der Zeit gewaltig verändert, denn der wachsende Geschäftsbetrieb machte vielfache Neu- und Umbauten erforderlich, so vor allem 1860, wo Dampfbetrieb eingerichtet wurde.

Leider dauerte das Zusammenarbeiten der beiden Brüder nur kurze Zeit: Otto Irmler konnte die neue Dampfanlage nur als Kranker besichtigen, und er starb 1861, gerade als sie für den Betrieb fertig gestellt war. Das Irmlersche Etablissement war eines der ersten, das die Pianofortefabrikation mit Dampfbetrieb einrichtete.

Das ursprünglich nur in bescheidenem Umfange begründete Geschäft nahm einen immer größeren Aufschwung, und heute gehört die Firma J. G. Irmler in Leipzig zu den Namen, die auf dem Weltmarkte genannt werden. Ihre Erzeugnisse sind Flügel und Pianinos, darunter als Spezialität Stutzflügel; dieselben gehen nach allen Weltteilen, wenn auch Deutschland, England und Italien das Hauptabsatzgebiet darstellen.

Es hat ihr nicht an Auszeichnungen für ihre erfolgreiche industrielle Thätigkeit gefehlt. Bereits Se. Majestät der hochselige König Johann interessierte sich für das mächtig aufstrebende Etablissement und beehrte es 1863 nach Fertigstellung des Neubaues mit seinem Besuche; der Großherzog von Mecklenburg verlieh der Firma den Hoflieferantentitel; auf verschiedenen Ausstellungen wurden ihre Erzeugnisse prämiiert, und viele hervorragende Künstler sandten ihr Anerkennungsschreiben. Auch das darf als Auszeichnung betrachtet werden, daß viele Seminare Irmlersche Flügel zu Unterrichtszwecken ankauften. –

Die gedeihliche Weiterentwicklung der Irmlerschen Fabrik ist auch für die Zukunft gesichert, denn bereits ist wieder der älteste Sohn des Besitzers und Enkel des Gründers, Emil Irmler, mit im Geschäft thätig. Gleich dem Vater und Großvater hat auch er in Deutschland, England und Amerika praktisch als Instrumentenbauer gearbeitet. Das Prinzip höchster Solidität in Bau und Ausstattung der Instrumente wird auch heute noch von der Irmlerschen Fabrik als leitender Grundsatz hochgehalten. Der jetzige Inhaber folgt damit nur den Traditionen, die vom Begründer der Firma aus festgehalten sind; hiervon legen die Tausende von Instrumenten, die den Namen Irmler in alle Welt getragen haben, wohl das beste Zeugnis ab.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/192&oldid=- (Version vom 4.8.2020)