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Gustav Lehmann, Bautzen
Neue Walzenkunstmühle, Mahlmühlen und Graupenfabrik mit Dampf- und Wasserbetrieb.

Als in den sechziger Jahren das Müllereigewerbe infolge der allmählichen Umwandlung von Lohn- zur Handels-Müllerei immer mehr zu florieren begann und namentlich schlesische Mühlen unsere sächsische Oberlausitz zum größten Teil mit Mehl versorgten, weil diese auf nur unbedeutende Konkurrenz stießen, ließ sich der Gründer der Firma Gustav Lehmann, Herr Carl Gustav Adolf Lehmann, der bis Anfang des Jahres 1866 für eine Mühle bei Sprottau die sächsische Oberlausitz als Mehlverkäufer bereiste, im April 1866 in Bautzen nieder und pachtete hier die den Geschwistern Wetzlich gehörige Wassermühle, die sogenannte Frankensteinsche Mühle.

Durch Vervollständigung seiner bereits erworbenen Kenntnisse im Müllereigewerbe, durch seltene Schaffenskraft und unermüdliche Thätigkeit verstand er es, sein damals junges Geschäft allmählich zu einem Umfange zu bringen, daß er sehr bald einsah, daß der Mühlenbetrieb den Anforderungen des Geschäftes nicht mehr ebenbürtig zu nennen war, und so beschloß er schon im Anfang des Jahres 1869 seinen Mühlenbetrieb um einen wesentlichen Teil zu vergrößern.

Leider war die erpachtete sogenannte Frankensteinsche Mühle nicht dazu angethan, vergrößert werden zu können, und so blieb ihm nichts anderes übrig, als sich nach einer andern Mühle an der Spree umzusehen. Sehr bald wurde ihm auch Gelegenheit zum Kauf einer unterhalb der Stadt gelegenen Wassermühle, der sogenannten Schleifplanmühle, geboten und in nicht allzulanger Zeit war Genannter so weit, um sein Geschäft mit verdoppelter Leistungsfähigkeit weiter zu betreiben.

Während in der Frankensteinschen Mühle vor Inbetriebsetzung der Schleifplanmühle je nach Bedarf Weizen und Roggen vermahlen wurde, richtete er nach Erweiterung seines Betriebes durch Ankauf der Schleifplanmühle es so ein, daß von nun an in der Frankensteinschen Mühle nur Weizen und in der Schleifplanmühle nur Roggen vermahlen wurde.

Das Geschäft nahm auch in der nächstfolgenden Zeit an Umfang immer mehr zu und als in den Jahren 1873/74 die namentlich im Sommer eingetretenen Wasserzuflüsse der Spree recht knapp geworden waren und dadurch häufig Betriebsstörungen hervorgerufen wurden, richtete Genannter als Hilfskraft in beiden Mühlen eine Dampfanlage ein. Dadurch war er in den Stand gesetzt, seinen Betrieb auch in wasserarmen Zeiten voll ausnützen zu können.

Schon im Jahre 1871 wurde von ihm in dem Seitengebäude der Schleifplanmühle eine weitere Anlage zur Fabrikation von Rollgerste, sogenannten Graupen, geschaffen, und der erzeugte Artikel in der großen Hauptsache nach Böhmen und Ungarn versandt.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/265&oldid=- (Version vom 4.8.2020)