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Das Geschäft hatte in diesem Umfange schon so manches andere überflügelt, und da Genannter bald genug merkte, daß andere Mühlen sich anschickten, ihren Betrieb nach den neuesten Systemen umzubauen und zu vergrößern, griff er denselben in ihrer Absicht vor und errichtete im Jahre 1884/85 in dem mitten in der Stadt gelegenen käuflich erworbenen Fabrikgebäude, einer ehemaligen Lithographie- und Steindruck-Anstalt, eine weitere der Neuzeit entsprechende Dampfmühle für ausschließlich hochfeine Weizenvermahlung und benannte diese Neue Walzenkunstmühle.

Im Jahre 1886/87 wurde denn auch der Betrieb der Frankensteinschen Mühle vollständig nach den neuesten Systemen umgebaut, auch vergrößert, und zwar so, daß das Werk ausschließlich zur Vermahlung von Roggen eingerichtet wurde, und so steht heut der Gesamtbetrieb als größter und leistungsfähigster unserer sächsischen Oberlausitz da.

In diesen vorgenannten Mühlen werden im Durchschnitt 45 bis 50 Arbeiter beschäftigt.

Zur Betreibung der Walzenkunstmühle dient eine 60–70 Pferdekräfte starke Dampfmaschine, während zur Betreibung der Frankensteinschen Mühle die Wasserkraft verbunden mit einer Dampf­-Maschinenkraft von 25 Pferdekräften erforderlich ist. Die Betriebskraft der Schleifplanmühle (Roggenmühle und Graupenfabrik) beruht zum Teil des Jahres ausschließlich auf Wasserbetrieb, doch hilft bei wasserknappen Zeiten eine 25 Pferdekraft starke Dampfmaschine.

Die tägliche Leistung dieser Mühlenwerke beziffert sich auf 300 Zentner Weizen, 350 Zentner Roggen und 30 Zentner Gerste innerhalb 24 Stunden.

In sämtlichen Mühlräumen ist zur Beleuchtung elektrisches Licht angebracht, das durch je eine elektrische Maschine erzeugt wird. In Reserve dient zur Beleuchtung Gas oder Petroleum.

Den geschäftlichen Verkehr der drei Mühlen mit dem Comptoir vermittelt eine dieselben verbindende Telephonleitung.

Der jährliche Umsatz beläuft sich im Durchschnitt auf 1½ Millionen Mark.

Als Hauptabsatzgebiet für sämtliche Produkte gilt die Oberlausitz und zum Teil Dresden und Umgegend. Vor dem Inkrafttreten der Zollverhältnisse wurde ein nennenswertes Geschäft nach Böhmen, Mähren, Ungarn etc. gemacht, doch hat es damit vollständig aufgehört, seit der Eingangszoll für Getreide und der Ausfuhrzoll für Mühlenfabrikate besteht, auch hat die Oberlausitzer Mühlen-Industrie sehr stark unter dem Gesetz der freien Einfuhr von 3 kg Mehl und Brot zu leiden gehabt und noch zu leiden.

Die erzeugten Fabrikate erfuhren noch Auszeichnungen und zwar die Verdienst-Medaille der Weltausstellung zu Wien vom Jahre 1873, die silberne Medaille der Gewerbeindustrie-Ausstellung zu Görlitz im Jahre 1885, sowie ein Belobigungs-Diplom der Industrie- und Gewerbe-Ausstellung vom Jahre 1879 zu Bautzen.

Der Gründer der Firma bekleidete das Amt eines Stadtverordneten sowie eines Handelskammer-Mitgliedes, außerdem war er Mitbegründer der s. Z. ins Leben gerufenen Müllerei­-Berufsgenossenschaft für das Königreich Sachsen und Herzogtum Altenburg und als deren Sektions­-Vorstand thätig, bis ihn im Jahre 1890 mitten aus seiner Laufbahn der unerbittliche Tod durch Herzschlag von seinem irdischen Wirkungskreise abrief.

Von dieser Zeit an ist das Geschäft in die Hände der Erben des Begründers übergegangen.

Möge es denselben vergönnt sein, das Werk, was der Gründer, Herr Carl Gustav Adolf Lehmann, geschaffen, in unbeschränkter Weise fortzuführen, zum Segen der deutschen Mühlenindustrie, zum Segen unserer sächsischen Oberlausitz.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 250. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/266&oldid=- (Version vom 4.8.2020)