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Sonntag & Löscher, Netzschkau
Mechanische Woll- und Baumwollweberei, Färberei und Appreturanstalt.

An dem vielbefahrenen Schienenstrang, der den Hauptverkehr zwischen Sachsen und Bayern vermittelt, und in der Nähe des berühmten Göltzschthalviaduktes liegt das Städtchen Netzschkau. Es besitzt etwa 7000 Einwohner und dürfte bis zum Anfang der 70er Jahre außerhalb Sachsens wenig bekannt gewesen sein. Erst in neuester Zeit hat es in der Handelswelt Ruf und Namen bekommen, und daß es auch für die Interessentenkreise der Textilindustrie Wichtigkeit erhielt, ist zum großen Teil mit ein Verdienst der Firma Sonntag & Löscher, deren Etablissement im ganzen Bezirk eine erste Stellung einnimmt. Dieselbe besteht seit dem Jahre 1870, wo sie aus der früheren Firma C. F. Sonntag (Mechanische Baumwollweberei zu Netzschkau) hervor- und auf dessen Sohn, Herrn Hugo Sonntag, sowie seinen Schwiegersohn, Herrn Carl Löscher überging. Dem letzteren gebührt das Verdienst, zu Anfang der siebenziger Jahre die Wollweberei in Netzschkau eingeführt zu haben, die bis dahin dort noch nicht vertreten war. Es war dies zu jener Zeit, als infolge der glücklichen politischen Verhältnisse unsere gesamte deutsche Industrie, vor allem aber die Textilbranche, einen so gewaltigen Aufschwung nahm, der auch den Erzeugnissen der Firma Sonntag & Löscher zu gute kam.

Bereits im Jahre 1882 mußte die Firma den Heimgang des Mitinhabers, Herrn Hugo Sonntag, betrauern; Herr Carl Löscher war von nun ab alleiniger Inhaber der Firma. Er machte sich alsbald an weitere Vergrößerungen des Etablissements, in dem er große bauliche Erweiterungen vornahm. Seine hervorragenden kaufmännischen Kenntnisse, seine Thatkraft und Umsicht führten das Geschäft in verhältnismäßig kurzer Zeit zu einer Bedeutung, die zu den glücklichsten Hoffnungen für die Zukunft berechtigte. Doch nur wenige Jahre war es ihm beschieden, sich der stetig fortschreitenden Entwickelung seines Unternehmens zu erfreuen; im Jahre 1887 wurde er seiner segensreichen Thätigkeit durch den Tod entrissen. Und segensreich war sein Thun. Wer jemals in einer kleinen Fabrikstadt gelebt hat, der weiß, was ein großer industrieller

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 365. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/381&oldid=- (Version vom 23.2.2020)