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Ph. Swiderski, Leipzig-Plagwitz
Maschinenfabrik und Eisengießerei.

Der Begründer dieser im September 1867 errichteten Fabrik Otto Ludwig Philipp Swiderski wurde im Jahre 1836 in Marienburg, dem einstigen Hochmeistersitze des deutschen Ordens, als Sohn eines preußischen Justizbeamten geboren. Der Sinn für Mechanik wurde schon frühzeitig bei ihm durch seinen Großvater geweckt, welcher in der Nähe eine ausgedehnte Mühlenanlage besaß, wo der Knabe seine Schulferien zu verleben pflegte. Namentlich erregte sein Interesse eine Dampfmaschine, die – eine der ersten in der Provinz Preußen – einen Teil der Mühle trieb und wohl der Grund gewesen sein mag, weshalb er sich später vorzugsweise dem Bau dieser Maschinen zuwandte.

Nachdem Swiderski im Jahre 1856 auf dem Danziger Gymnasium das Abiturienten-Examen bestanden, trat er in die Berliner Maschinenbau-Anstalt von L. Schwartzkopff ein und arbeitete daselbst zwei Jahre praktisch in der Modelltischlerei, Formerei und Montage. Er studierte dann auf der Berliner Universität Mathematik und genügte gleichzeitig seiner Militärpflicht bei den Garde-Pionieren. Hierauf bezog er das Polytechnikum in Karlsruhe, welches sich damals durch die Lehrthätigkeit Redtenbachers eines besonderen Glanzes erfreute. Die Vorträge dieses unsterblichen Mannes, dessen Lehren die Grundlage des heutigen Maschinenbaus bilden, wirkten ungemein packend und anregend, so daß Swiderski sich nach zweijährigem Studium, nun auch theoretisch tüchtig vorgebildet, seinem Berufe widmen konnte. Er wurde denn auch sogleich als junger Ingenieur von der Kruppschen Gußstahlfabrik in Essen engagiert, fand hier zwar mancherlei Sehenswertes wie z. B. den damals größten Dampfhammer der Welt und Dampfmaschinen von ebenfalls enormen Verhältnissen vor, aber sein eigentliches Berufsfeld lag doch nicht auf dem Gebiete der Herstellung von Stahl, sondern von Maschinen. Er verließ daher nach zweijähriger Thätigkeit das Kruppsche Werk und übernahm die Leitung der Unnaer Maschinenfabrik und Eisengießerei in Unna in Westfalen. Um auch den Maschinenbau des Auslandes kennen zu lernen, wandte er sich im Dezember 1864 nach St. Denis bei Paris, blieb dort mehrere Jahre, beteiligte sich an der 1867er Weltausstellung als Mitglied der preußischen Kommission und des Vereins deutscher Ingenieure und ging September 1867 nach Leipzig, um sich im Alter von 31 Jahren, praktisch und theoretisch gut vorbereitet, selbständig zu machen. Dank dieser gediegenen Ausbildung und der Schaffensfreudigkeit Swiderski’s hat sich denn auch sein Unternehmen aus kleinen Anfängen zu einer respektablen Größe entwickelt.

Die Fabrik befand sich zuerst in der Reudnitzer Straße, siedelte aber schon 1871 in einen umfangreichen Neubau der Thalstraße und, als auch dieser zu klein geworden war, 1888 nach Plagwitz über, wo sie ein Areal von 15 000 □m umfaßt, von denen 6000 □m bebaut sind. Da das Etablissement hier über einen ausgedehnten Flächenraum verfügen konnte, so war es in der glücklichen Lage, sich bei Disposition der Gebäude alle Freiheiten zu gestatten, und so sehen wir es denn als eine wirkliche Musteranstalt dastehen in schönen architektonischen äußeren Formen

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 383. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/399&oldid=- (Version vom 2.4.2020)