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Im Jahre 1872 erfolgte die Umwandlung in eine Aktien-Gesellschaft. Durch Ankauf von Grundstücken und Fabrikanlagen, vor allem der früher C. C. Merkel’schen Fabrik, zog das Etablissement mit der Zeit neue Betriebszweige in seinen Bereich und gewann eine gewaltige Ausdehnung. Es nimmt gegenwärtig einen Flächenraum von nicht weniger als ca. 30 000 □m ein, auf dem ca. 30 Fabrikgebäude stehen, und 8 Dampfmaschinen, von 4 Kesseln gespeist, mit ca. 200 Pferdekräften die Arbeit der Menschenhand fördern helfen. Der Jahresumsatz der Firma beträgt rund 1 Million Mark, doch dürfte derselbe in Zukunft noch eine wesentliche Steigerung erfahren. Das Hauptabsatzgebiet ist Deutschland, welches etwa 60% der Gesamt­-Produktion aufnimmt, sodann hauptsächlich Rußland, die Donauländer, Schweden, Dänemark, Frankreich, ferner Italien, Spanien und Südamerika. Als Rohmaterialien dienen englisches und deutsches Roheisen, Stabeisen, wie überhaupt die Walzwerkfabrikate der westfälischen und schlesischen Hütten; hinzu kommt noch zahlreiches Holzmaterial für den Modellbau, für Maschinenteile und Emballage etc. etc.

Nach dem heutigen Stande der Dinge zerfällt die Gesamtproduktion der Werkstätten von Theodor Wiede’s Maschinenfabrik, Aktien-Gesellschaft, in drei große Hauptgebiete: Dampfmaschinen- und Transmissionsbau, Spinnereimaschinenbau und allgemeinen Maschinenbau. Die erste Abteilung allein ist umfangreich genug, um allen an eine Spezial­-Fabrik gestellten Ansprüchen zu genügen. Sie liefert Ventilmaschinen mit zwangläufiger Ventil­-Steuerung nach eigenem Patent (D. R. P. Nr. 36 101) von 30–1500 Pferdekräften, Schieber­-Maschinen in liegender und stehender Anordnung, schnelllaufende Dampfmaschinen zum Betriebe von Dynamos, Dampfpumpen in allen Größen, Kondensationseinrichtungen, Förder- und Wasserhaltemaschinen, Regulatoren u. a. m. Der Transmissionsbau erstreckt sich auf Transmissionen nach Seller’s, wie nach eigenem System, auf Kreisseiltriebanlagen, Reibungskuppelungen (D. R. P. Nr. 59 489), Riemenscheiben, Seilscheiben und dergl., Drahtseilanlagen und Kraftübertragungen mittels elektrischen Stromes.

Die Hauptthätigkeit besteht indes nach wie vor in dem Bau von Spinnereianlagen. Das Etablissement übernimmt ebenso die Ausführung vollständiger Einrichtungen für sämtliche Zweige der Spinnereiindustrie, (Baumwoll-, Barchent-, Shoddy-, Mungo-, Vigogne-, Streich- und Flanellgarn-Spinnereien, Wattfabriken), wie auch die Lieferung einzelner Maschinen, insbesondere Reinigungs- und Vorbereitungsmaschinen, Spinnmaschinen für Streichgarn, Vigogne etc. nach D. R. P. 63 201, Zwirnmaschinen, sämtlich in den verschiedensten Konstruktionen, bis herab zu Garnpressen, Bündelpressen und einfachen Handweifen.

Der allgemeine Maschinenbau endlich beschäftigt sich mit den mannigfachsten Erzeugnissen, wie sie den Bedarf der verschiedensten Industrien bilden. Es seien hier nur von den wichtigsten genannt: Pumpen aller Systeme für Dampf- und Transmissionsantrieb, Kesselspeise­-Pumpen, Hydraulische Pressen bis zu 1 000 000 kg Druck, Centrifugen, Aufzüge und Fahrstühle, Henze’sche Dämpfapparate, Malzquetschen, Vormaischbottige, Kühlschiffe, Montejus und Göpelwerke, Lederknetmaschinen, Hartzerkleinerungseinrichtungen etc. etc.

Eine große Anzahl der Maschinen und Konstruktionen der Firma sind patentiert worden, wodurch ein ungehinderter Alleinvertrieb gesichert ist; besonders in Bezug auf den Spinnerei­-Maschinenbau macht sich dieser Umstand vorteilhaft geltend. Das Etablissement hat Spinnerei­-Maschinen geschaffen, die seinen Ruf und Namen weit über die Grenzen des Vaterlandes hinaustrugen, und heute werden seine Konstruktionen, die im Laufe der Jahre mannigfache

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 419. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/435&oldid=- (Version vom 23.2.2020)