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Moritz Zimmermann, Netzschkau, Vogtl.
Mechanische Wollen-Weberei.

Eigenartige Umstände sind es oftmals, die nicht nur auf den Lebensgang eines einzelnen Mannes bestimmend einwirken, sondern die auch die Veranlassung bilden zur Gründung von Geschäften, die durch viele Generationen hindurch blühen und Hunderten fleißiger Arbeiter Jahr aus Jahr ein Beschäftigung und lohnenden Verdienst gewähren.

Im Jahre 1830, dem Jahre der Webernot im sächsischen Vogtlande, war es, als seitens der fürsorgenden königlich sächsischen Regierung durch Vermittelung Chemnitzer Firmen den notleidenden Webern von Netzschkau und Umgegend Arbeit zugewiesen wurde, und zwar war es der Vater bezw. Großvater der jetzigen Inhaber der Firma Moritz Zimmermann, welcher zufolge seiner amtlichen Stellung diese Arbeiten an die Weber auszugeben und zu verteilen hatte. Der Erfolg, der damit erzielt wurde, ließ nun damals in dem thatkräftigen Manne den Gedanken reifen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und auf eigene Rechnung arbeiten zu lassen.

Der Gedanke wurde zur That und schon nach nicht allzulanger Zeit arbeiteten 7 bis 800 Handweber für das neu gegründete Unternehmen, dessen verdienstvoller Schöpfer auch mit dem Ehrentitel eines Stadtrichters betraut wurde.

Futterstoffe (Kattune) waren es, die damals das Geschäft anfertigen ließ und die auf Handstühlen hergestellt wurden, bis im Jahre 1856 von Herrn Moritz Zimmermann und dessen Schwägern Herren Wilhelm Uebel (jetzt Gebrüder Uebel) und Richard Ludwig unter der Firma: Zimmermann & Co. der Versuch gemacht wurde, obige Artikel auf mechanischen Webstühlen herzustellen. Dieser Versuch, welcher wohl der erste im Vogtlande gewesen und somit die Einführung der mechanischen Weberei in obiges Gebiet jenen Herren zu verdanken ist, glückte wohl, doch hatte das junge Unternehmen mit vielen Schwierigkeiten und Verlusten zu kämpfen, so daß die Herren Zimmermann und Ludwig sich davon abwandten und zur Wollspinnerei übergingen. Im Jahre 1865 gründete Herr Moritz Zimmermann seine Firma gleichen Namens, unter welcher er bis zum Jahre 1871 obige Fabrikation als einzige und von da ab aber, als die Spinnereien des wieder deutsch gewordenen Elsaß naturgemäß ihr Absatzgebiet vornehmlich auf dem deutschen Markte suchten und daher in sehr scharfen Wettbewerb eintraten, in Verbindung mit Wollwarenfabrikation betrieb.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Zweiter Teil. Eckert & Pflug, Kunstverlag, Leipzig 1893, Seite 427. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gro%C3%9F-Industrie_des_K%C3%B6nigreichs_Sachsen_in_Wort_und_Bild_Teil_2.pdf/443&oldid=- (Version vom 2.4.2020)