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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band

Brief war zwar etwas alt, denn er war im Januar geschrieben, aber er mundete mir armen Westindienfahrerin ganz delicat frisch. Und Nichts freute mich darin mehr als die Mittheilung, daß Du schon am 1. Juli mit Quidings nach Marstrand reisest. Vorsorgliche, verständige Leute, Schwager und Schwester! Und Du kannst hernach in Arsta das Bad fortsetzen.

Im Juli komme ich wohl nicht nach Hause, vielleicht nicht einmal im August. Ich habe in den Vereinigten Staaten noch so Vieles zu sehen und zu überlegen. Aber wenn die kühlen Tage eintreten, dann, meine liebe Agathe, werde ich kommen und bei Dir und Mama bleiben. Und was ich von Licht und Wärme und Gutem in Großem und Kleinem auf meinen Wanderungen geschöpft haben mag, — ich werde es nicht für mich allein behalten, darauf kannst Du Dich verlassen.

Viel habe ich auf Cuba genossen und genieße noch immer an Leib und Seele, und ich bin ordentlich fett und wieder jung geworden (NB. im Verhältniß zu dem, was ich in den Vereinigten Staaten war, wo ich mager und alt wurde), ja ich würde noch mehr zugelegt haben, wenn ich etwas mehr Ruhe haben könnte. Aber mein bildender Sinn ist so belebt oder vielmehr so aufgereizt worden, daß er mir keine Ruhe läßt, sondern mich beinahe in einem beständigen Fieber hält. Unaufhörlich kommen neue Gegenstände und Gebilde, ermahnen mich zur Nachbildung oder Composition, und treiben mich mehr zu unternehmen, als ich mit meiner Zeit und meinen Kräften leisten kann. Dieß ist beinahe lächerlich und mitunter sogar jämmerlich, denn ich habe weder Rast noch Ruhe. Aber die Arbeit macht mir doch mehr Freude als je, und ich zeichne meine Portraits besser als früher. Aber das Beste, was ich mache, lasse

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/215&oldid=- (Version vom 14.9.2022)