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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band

Gaumen und ihre Zähne zu besehen, wobei er nicht mehr Umstände machte, als wenn man einem Schaf oder Pferd ins Maul sieht. Wäre ich an ihrer Stelle gewesen, ich hätte ihn gewiß in den Daumen gebissen, so heftig erbitterte mich dieses Benehmen, woran er jedoch offenbar ebenso wenig Anstößiges sah, als sie selbst. Dieß ist nun einmal Sitte und Brauch bier zu Land. Meine Fragen an diese armen Menschen beschränkten sich hauptsächlich auf ihre Herkunft. Die Meisten kamen von Missouri und Kentucky. Da ich beständig von dem Sklavenwächter begleitet wurde, so konnte ich keine biographischen Notizen verlangen und jedenfalls durfte ich mich auf die Wahrheit derjenigen, die ih hier hätte erhalten können, nicht verlassen.

In einem andern dieser Sklavenhäuser sah ich einen Mann, dessen Aussehen und Ausdruck ich nicht vergessen würde, und wenn ich noch hundert Jahre lebte. Er schien der Herr der Sklaven zu sein, und mein Begleiter bat ihn für mich und sich um Erlaubniß, seine Sklaven zu sehen. Er willigte ein, aber mit einer Miene und einem Blick auf mich, als hätte er mich zerreiben wollen. Er war ein Mann von ungewöhnlicher Körpergröße und Schönheit. Seine Gestalt war herkulisch und der Kopf war seinen Zügen nach ein Jupiterskopf; aber die Majestät und Milde waren hier in eine Härte verwandelt, die wahrhaft schrecklich war. Ebenso gut könnte man zu einem Fels von Recht und Menschlichkeit reden, als zu diesem Mann. An dem starren Ausdruck der dunkelblauen Augen, an den fest zusammengepreßten Lippen ersah man, daß er seinen Fuß auf sein eigenes Gewissen gesetzt, mit allem Zweifel und Zögern abgeschlossen und Himmel und Hölle Trotz geboten hatte. Er mußte durchaus Geld haben. Hätte er in seiner starken Hand das ganze Menschengeschlecht erdrücken können, um es in Geld zu verwandeln, so würde er es mit Vergnügen gethan

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/24&oldid=- (Version vom 20.8.2021)