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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band

der Grotte. Ich war jetzt allein da und konnte die Grotte ganz allein für mich haben; der Wirth und Davis folgten mir mit Fackeln und zündeten da und dort in der Grotte Lichter an.

Man kommt durch eine ganz kleine Thüre oben im Berge hinein, und einige Gänge sind schmal und beschwerlich genug, daß man hindurchkriechen muß, aber dafür wird man auch durch den Anblick prächtiger Bergsäle und überraschender Figuren belohnt. Es nahm uns ungefähr zwei Stunden weg, um in den bedeutendsten Theilen der Grotte herumzukommen. Die Stalactitbildungen waren denjenigen ähnlich, die ich in den Grotten auf Cuba gesehen hatte, aber gewisse bestimmte Formen kehrten hier öfter zurück. Unter ihnen waren besonders die geriefelte Säule, Orgelpfeifen, Thürme, Wasserfälle wie von gefrornen schäumenden Wassern, aus den Mauern hervorstehende Schilde nebst Spießen, ungeheure Draperien, die oft in den weichsten plastischsten Falten herabhingen; — wenn man mit dem Stock darauf schlug, so gaben sie einen starken klangvollen Ton, der in den unterirdischen Gewölben wiederhallte; — ferner Alcoven und in diesen vereinzelt stehende Bilder, die Menschenlarven gleichen. Zwischen diesen Gestalten ist an den Bergwänden entlang ein Gewimmel phantastischer Formen, von Thieren, Blumen, Flügeln, die sich von den Wänden losmachen zu wollen scheinen, Städten, die aus dem Boden heraufdringen, mit Straßen, Märkten und Thürmen, kurz Alles, was eine gute Einbildungskraft hier sehen will. Es ist eine geheime Kirche, wo die ganze Naturwelt in steinernen Larven vorgebildet ist, ein dunkler Traum des Bergkönigs vom Leben der Lichtwelt; denn auch Sonne und Mond sind hier in großen, runden, weißen Scheiben vorgestellt, die aus tiefen Gewölben hervorscheinen. Da sind große Säle, in deren Mitte zwei bis drei einsame Steinbilder immer

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 373. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/391&oldid=- (Version vom 13.9.2022)