Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band | |
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als eine Belle und eine der schönsten Zierden des Gesellschaftslebens schildern hörte, mir beinahe so lieb geworden ist, wie eine junge Schwester. Aber dieß kommt daher, weil sie sehr gut ist, weil sie viel gelitten hat, weil sich unter der weltlichen Oberfläche ein ungewöhnlich guter und reicher Verstand vorfindet, und ein Herz, das lieben, das alle Eitelkeiten der Welt wegwerfen kann, um denjenigen gefällig zu sein, welche sie liebt. Und mit dieser jungen Frau habe ich über Transcendentalisten und praktische Christen, über Heidenthum und Christenthum gesprochen, und habe in der Unterhaltung mit ihr ein Vergnügen gefunden, das ich kaum erwartet hatte. Unwillkürlich und ganz natürlich ist es zwischen uns so gekommen, daß wir zusammenleben, wie wenn wir einander immer gekannt hätten. Sie sagt, daß ich ihr die geistige Nahrung gebe, deren sie bedürfe, und sie gewährt mir ein Vergnügen, ein Wohlbehagen, das mein Herz nährt. Octavia Le Vert bleibt in meiner Seele stets verbunden mit der Erinnerung an die lieblichsten Winde und Wohlgerüche des Südens, an das Grün der Magnolienwälder, an das frische Gebrause des mexicanischen Meerbusens, an die Sonne und den Vogelgesang in Mobiles Orangenhainen.
Octavia ist in Florida geboren und hat da ihre Jugend zugebracht; sie ist von einem Kreis von Angehörigen umgeben, die sie als ihren Augapfel zu betrachten scheinen. Und willst Du das Ideal des Verhältnisses zwischen einer Frau und ihrer Sklavin sehen, so müßtest Du Octavia Le Vert und ihre muntere, schöne mulattische Dienerin Betsy sehen. Betsy scheint wirklich für nichts Anderes zu leben, als für ihre Pflegemutter Octavia; ihr Haar jeden Tag à la Maria Stuart zu frisiren, sie schön, heiter und bewundert zu sehen, das ist Betsys Leben und Glück. Sie ist mit Octavia in den Vereinigten Staaten gereist, und
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/44&oldid=- (Version vom 20.8.2021)