Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band | |
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Art zum Gespräch angeregt. Aus der Unterhaltung dießmal ist mir hauptsächlich das im Gedächtniß geblieben, daß ich Emerson fragte, ob er nicht die Bildung der Staaten Neuenglands als abgeschlossen betrachte, und ob man in ihnen nicht einen Typus der fertigen americanischen Staatsgesellschaft erblicken könne.
„Ganz und gar nicht (by no means)”, antwortete er. „Hier sind derzeit eine Menge von Germanismen und andern Ideen aus Europa und auch aus Asien, die jetzt erst ins Gedankenleben einzudringen anfangen und neue Entwicklungen hervorbringen werden.“
Emerson glaubt offenbar, daß America die Bestimmung habe, in einer höhern Metamorphose die Ideen darzustellen, die im Verlauf der Geschichte in andern Welttheilen vorgebildet worden sind. Ueber die neuesten politischen Zugeständnisse, welche die nördlichen Staaten in Betreff des Asylrechts an die Sklavenstaaten machten, sprach er sich mit starker Mißbilligung, aber in seiner ruhigen Weise aus. Er hat sich auch öffentlich mit edlem Unmuth darüber ausgesprochen.
„Hier ist eine durch ihr gutes Wasser berühmte Quelle,” sagte E., indem er bei einigen hohen Bäumen an der Landstraße stehen blieb. „Darf ich Ihnen ein Glas geben?" Ich sagte dankend ja und nun stieg er ab, band die Zügel um einen Baum und kam bald mit einem Glas krystallhellen Wassers aus dem Brunnen zurück.
Ein Glas Wasser! Wie viel kann nicht in dieser Gabe liegen! Warum dieses hier für mich bedeutend wurde, kann ich nicht sagen. Aber es war so. Ich habe still in mir selbst mit Emerson gekämpft, seit ich ihn zum ersten Mal kennen lernte; ich habe mich gefragt, worin die Macht dieses Geistes über mich liege, da ich doch in so manchen Dingen seine Denkungsart
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 427. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/445&oldid=- (Version vom 7.12.2023)