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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band

Herz schwoll und die Augen wollten sich nicht trocken halten. Einen schöneren Morgengruß habe ich nie bekommen. Mit ihm in der Tiefe des Herzens und winkend, grüßend, Kußhändchen werfend, fuhren wir in unserem offenen Wagen fort und in die grüne Gebirgsgegend ein.

Ein riesenstarker New Hampshirer Farmer kutschirte uns mit seinen raschen und doch frommen Pferden; der Wagen glich einem unserer gewöhnlichen Reisewagen, ruhte aber diesen ungleich auf weichen Federn, und man saß sehr bequem. Wir fuhren und waren vergnügt, denn die Luft war krystallrein, die Hitze nicht stark, Staub fand sich nicht vor, der ganze Weg war mit schönem, jetzt nach dem Regen frischgrünem Walde belaubt, und vor uns hatten wir die großen Berge, denen wir immer näher kamen. Diese hatten jetzt keinen Schnee auf ihren Scheiteln, sie zeigten sich mehr grün als weiß, und Mount Washington umgab sich da und dort mit einem Kranz von leichten Wolken. Die Natur um uns her erinnerte an die nördlichen Gebirgsgegenden im mittleren Schweden. Die Fichte und die Tanne sind hier zu Hause, und unter ihnen wachsen Heidelbeeren, Himbeeren, Schlangengras u. s. w. Doch wächst hier auch Mais, Zuckerahorn, der Wallnußbaum, die Kastanie nebst andern Pflanzen und Bäumen, die einer südlicheren Natur angehören. Ich kann Dir nicht sagen, wie sehr ich mich an dieser ruhigen, frischen Fahrt im offenen Wagen in der stillen, sommerheitern Gebirgsgegend erfreute; wie frisch und angenehm ich sie fand im Vergleich mit Fahrten in verdecktem Wagen oder auf der Eisenbahn, welche letztere schon nach ein paar Stunden für Seele und Leib qualvoll ermüdend wird. Aber hier saßen wir den ganzen Tag wach und munter. Mount Washington stand die ganze Zeit als unser Ziel vor uns. Dieser Berg, der größte und höchste unter den weißen Bergen, ist bloß 3000 Fuß hoch über der

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 447. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/465&oldid=- (Version vom 8.12.2023)