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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band

Essen, Trinken und geräuschvollen Vergnügungen aller Art zu genießen. Man fährt lachend und in größter Geschwindigkeit den Berg hinauf, man kommt in der größten Schnelligkeit wieder herabgefahren. Im Hotel springen die Champagnerpfröpfe; die Herren sitzen und spielen Karten mitten am Tag; die Frauenzimmer sprechen von Nähterinnen und Moden.

Wie verschieden ist nicht dieses gedankenlose wilde Leben von dem Leben in der Natur, wo die Wolken herabkommen, gleichsam um stille Zwiesprache mit den Bergen zu halten, zuweilen wie lustige Drachen auf ihnen zu reiten, zuweilen sie umschwebend und mit leuchtend sylphidischen Gestalten umkosend, die ihre Wälder mit weichen Thauschleiern befeuchten, während unten im Thale die Ströme wachsen und singen, und Bäume und Blumen ihnen Segnungen auf den Weg zufächeln, und überall dieses Spiel von Schatten und Licht, das Spiel von Sonnenstrahlen in den Wasserfällen, wenn sie von den Klippen herabhüpfen; die großen Gesichter in den Bergen, die zwitschernden Vögelein — das ist Leben. Der Menschen gedankenloses Geplauder da oben in dieser Naturherrlichkeit könnte mich mit Wehmuth um mein Geschlecht erfüllen. Doch, als ich noch jung war, verstand ich es auch nicht, das Leben und die Natur auf andere Art zu genießen. An der Anlage fehlte es nicht, aber es fehlte an der Erziehung, und unter der ausgelassenen Munterkeit barg sich die Empfindung der Leere.

Der Mensch sucht den geistigen Champagner, aber er täuscht sich darin. Der ächte verhält sich zu dem gemeinen, wie Bachus Dithyrambus zu Silen.

Doch waren auch hier einige wahre Verehrer der großen Göttin. Eines Tages trafen wir einen Vater mit seinem Töchterlein. Sie hatten in den Wäldern botanisirt und zeigten uns einige schöne Vaccinien nebst einer Monotrope, die bloß eine einzige Blume hat und

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 453. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/471&oldid=- (Version vom 8.12.2023)