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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band

erstickt wurden, und sie mitunter ausgelassen genug sein konnten. Die Vorsteherin, die ich von blank gescheuerten Kupferkesseln umgeben dasitzen sah, machte den Eindruck eines Kupfergeschirrs auf mich, so hart und finster sah sie aus; sie hatte nicht die geringste Aehnlichkeit mit Miß Foster. Und eine Miß Foster, und mehrere von ihrer Art wären so nöthig als mütterliche Pflegerinnen unter diesen Kindern. Hier befand sich zwar auch ein warmherziges, heiteres und wohlwollendes Weib; aber Jahre und zunehmende Kränklichkeit hatten sie außer Thätigkeit gesetzt. Die Kupfermadame war auch alt und ausgetrocknet genug, um ihren Abschied zu nehmen, aber sie wurde, sagte man, „aus Rücksicht“ von der Direction beibehalten.

Einen noch betrübteren Eindruck machte das Kinderkrankenhaus auf mich, das übrigens wohl eingerichtet und in Bezug auf Reinlichkeit und Bequemlichkeit gut bestellt war. Eine Menge Kinder, die wegen Augenkrankheiten da waren, saßen in unbeweglichen Kreisen auf dem Boden, ohne daß sie etwas zu thun oder zu spielen hatten. Sie saßen still und leblos da. „Haben sie keine Spielsachen?“ fragte ich. – „Sie haben solche von den Ladies bekommen, aber sie zerbrechen sie bloß.” – „Aber läßt man sie denn nicht mit irgend Etwas sich beschäftigen?" – „Sie dürfen wegen ihrer Augen Nichts thun.”

Wer weiß, wie leicht sich ein Kind aus Steinchen, Hölzchen, Tannenzapfen und dergleichen eine ganze kleine Welt von lebendigen Gegenständen schaffen und darin sein Glück finden kann, der muß sich wundern, wenn er diese Kleinen aller Mittel zu Vergnügen und Zeitvertreib gänzlich beraubt sieht, bloß weil sie ihre Spielsachen zerbrechen. Und wenn sie es auch thäten, was macht denn das im Vergleich mit dem seelentödtenden Leben, das sie jetzt führen müssen und das sie blödsinnig machen muß, wenn es noch lange anhält?

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 480. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/498&oldid=- (Version vom 10.12.2023)