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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band

Buch in der Hand auf die Piazza im Hintertheil des Schiffes und betrachtete die Ufer und lebte ein Leben voll Hochgefühl. Denn ich durfte jetzt allein sein und das Schauspiel an den Ufern war wie ein schönes, südliches Feenwerk. Wir fuhren den Missisippi hinab auf demjenigen Arm, der in die Atchafalaya-Bucht ausläuft und von da in den mexicanischen Meerbusen. Plantage um Plantage erglänzte an den Ufern, mit weißen Häusern, eingefaßt in Bouquete von Pomeranzen und Cedernhainen; von blühenden Oleandern, Aloën und Palmettos. Allmälig sah man sie in weiterer Entfernung von einander. Das Land senkte sich immer mehr, bis es zu einem gras- und schilfbewachsenen Sumpfboden wurde, ohne Bäume, Gebüsche und Wohnstätten. Es hielt sich gerade noch über dem Wasser: endlich versank es in demselben, bildete aber da die seltsame, regelmäßige Figur, welche das Missisippi-Delta genannt wird, wegen ihrer Aehnlichkeit mit dem griechischen Buchstaben dieses Namens. Einige Grashalme wehten noch über dem Wasser, bewegt von den Wogen und dem Winde. Endlich hörten auch sie auf. Die Wogen herrschten allein. Und jetzt lag das Land, Nordamerikas großes Festland, hinter mir, und vor mir der große mexicanische Meerbusen mit seiner unermeßlichen Tiefe, die Südsee mit allen ihren Inseln.

Die dunkle, beinahe schwarzblaue Farbe des Wassers fiel mir auf. Man sagt, sie komme von der großen Tiefe. Der Himmel mit seinen sommerleichten, weißen Wolken lag hellblau über dem dunkelblauen Meer, das sich freudig hob und brauste vor dem frischen, sonnenwarmen Wind. Ach wie schön war das! Ich trank den Wind und das Leben, ich ruhte aus von Gedanken und Reden und von Allem, was nicht zu dem schönen Leben des Augenblicks gehörte. Das Meer! Das

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Dritter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Dritter_Band.djvu/81&oldid=- (Version vom 20.8.2021)