Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band.djvu/132

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

Jetzt als er mich zum Wagen zurückführte, (er sollte in New-York bleiben, ich aber mit Springs nach Brooklyn zurückkehren) konnte ich beim Abschied nicht umhin zu ihm zu sagen: „Wie glücklich müssen Sie sich nicht heute Abend gefühlt haben!“ — „Ja, o ja,“ antwortete er mit einem halben Seufzer, „aber ich habe ja James wehe gethan!“ Sodann reichte er mir mit seinem freundlich strahlenden Lächeln die Händ und sagte: „Leben Sie wohl, wir werden uns am Morgen wieder treffen.“ Aber wann kommt dieser Morgen? Wir trennen uns jetzt auf lange Zeit. Aber soviel ist wahr, wenn man einen Geist wie Channing trifft, so muß sich das immer wie eine Morgenbegegnung empfinden lassen.

Einer Abendgesellschaft bei Springs erinnere ich mich mit ganz besonderem Vergnügen. Da fehlte es nicht an Raum, Luft, Blumen; auch waren sehr angenehme Menschen da. Eine edelschöne junge Miß Sedgewick deklamirte ein Gedicht mit großem Pathos în ihrer Stimme, aber im Uebrigen ganz leise. Sie und ihre Schwester trugen lebendige Chrysantheme in den Haaren. Ein allerliebstes Mädchen spielte eigene Compositionen, die von Zierlichkeit und Lebendigkeit sprühten, auf dem Klavier. Der junge Cranch sang, man tanzte auch: Es war ein fröhliches, angenehmes Gesellschaftsleben, wo alle das Ihrige beitrugen, und alle das Leben und einander zu genießen schienen.

Am Montag Morgen reisten wir ab, und nahmen den Weg durch Connecticut. Ich verließ New-York und Brooklyn, mit dem Gefühl, als ob eine Menge unbeantworteter Briefe und Einladungen, unbesuchter Schulen und Institute mir nachsprängen und mich festhalten wollten. Ich hatte ein böses Gewissen. Ich entfloh wirklich vom Schlachtfelde. Ich konnte nicht anders. Hätte ich mich verzehnfachen können, so hätte ich nicht ausgereicht, all die Aufforderungen, Einladungen u. s. w. zu beantworten, und ich bin bloß eine einzige Person. Aber ich

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 128. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/132&oldid=- (Version vom 6.7.2019)