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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

ich dem Vater Taylor und seiner freundlichen Frau, die gleich ihm eine warmherzige Natur ist, vorgestellt. Der Greis (er ist ungefähr 60 Jahre alt) hat ein sehr lebhaftes und ausdrucksvolles Gesicht voll von tiefen Furchen. Auf unsere Danksagungen für seinen Vortrag antwortete er: „Ach, es ist aus, es ist aus mit mir! Ich bin gänzlich gebrochen! Ich muß mich mit Gewalt hinaufschrauben, um ein wenig ins Feuer zu kommen! Es ist jetzt Alles vorbei!“ Während er so sprach, schaute er auf und rief mit leuchtenden Blicken: „Was sehe ich? O, mein Sohn! mein Sohn!“ Und mit offenen Armen ging er auf einen riesigen Jüngling zu, der mit strahlender Freude auf seinem frischen gutmütigen Gesicht in die Kirche kam und jetzt von Vater Taylor und dann von seiner Frau mit großer Innigkeit empfangen wurde. „Ist Alles recht hier, mein Sohn?“ fragte Taylor, sich auf die Brust klopfend. „Ist Alles wohlbehalten hier? Ist das Herz nicht hart geworden von dem Golde?“ Und als er große Thränen in des Jünglings Augen schwellen sah, rief er: „O, ich sehe es, ich sehe es! Es ist Alles recht! Alles gut! Gott sei gelobt! Gott segne Dich, mein Sohn!“ Und jetzt kam es zu neuen Umarmungen. Der Jüngling war ein junger Seemann (mit Vater Taylor blos geistig verwandt) und hatte sich, vom „Kalifornienfieber“ ergriffen, nach dem Goldland begeben, von wo er jetzt nach einjähriger Abwesenheit zurückkam, ob mit oder ohne Gold, weiß ich nicht. Aber daß das Herz seine Gesundheit nicht verloren hatte, das sah man deutlich. Ich habe hier viel von Vater Taylors und seiner Frau Güte und Freigebigkeit, hauptsächlich gegen arme Matrosen von allen Stationen, erzählen gehört.

Nachmittags an demselben Tag wohnte ich dem Gottesdienst in Mr. Barnards Kapelle bei, wohin ich eingeladen worden war. Ich sah in seinem Haus Proben von der bewunderungswerthen Wirksamkeit

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 253. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/257&oldid=- (Version vom 9.9.2019)