Seite:Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band.djvu/94

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band

immer Mühe macht. Aber sie ließen einen Ofen in mein Zimmer setzen, machten es mir warm und angenehm, und bald fühlte ich mich bei ihnen heimisch und glücklich. Marcus S. ist auch was man einen selbstgemachten Mann nennt, aber ich glaube fest, daß der liebe Gott selbst bei der Erschaffung seines Herzens und Kopfes thätig war. Sein Gesicht erinnert mich an Sternes Ausdruck für ein Gesicht: es gleicht einem Segen. Seine Frau Rebecca ist aus einer Quäckerfamilie und hat etwas von dem innern stillen Licht und der Besonnenheit, die dieser Secte angehören soll; überdies ist sie wohlbegabt und verständig, und man kann ihr mit dem größten Vergnügen zuhören. Sie ist anmuthtsvoll von Gefühl, ohne schön zu sein; der Mund besonders ist frisch und lebendig, ihre Gestalt ist classisch schön. Beide Gatten sind warme Patrioten und Menschenfreunde, lieben die Ideale des Lebens und leben für sie. Sie sind vermöglich und sollen viel Gutes thun. Sie interessieren sich für den Socialismus, aber mehr als Dilettanten, denn als eigentlich Eingeweihte. Doch hat Marcus sich in seinem Handelsgeschäft mit mehreren seiner Comptoiristen associrt. Aber er gehört zu jenen Leuten, die von ihren Handlungen nicht gerne sprechen, und auch nicht wünschen, daß Andere sich damit beschäftigen. Aber seine Frau und seine Freunde sprechen sehr gerne von ihm, und ich wundere mich nicht darüber. Sie haben drei Kinder. Eddy, der älteste Knabe von zwölf Jahren, könnte als Modell zu einem Amor sowohl, als zu einem Raphael’schen Engel dienen; er hat ein stilles, denkendes Wesen mit viel Feinheit im Ausdruck. Die kleine Jenny, des Hauses einzige Tochter, ist ein tüchtiges lebhaftes Mädchen, und dann kommt das Baby, ein goldgelockter kleiner Junge mit seines Vaters Stirne und klaren blauen Augen, ein kränkliches aber anmuthsvolles Kind.

Empfohlene Zitierweise:
Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Erster Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Erster_Band.djvu/94&oldid=- (Version vom 6.7.2019)