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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

sind duftlos gegen[WS 1] sie, stehen hinter diesen Wohnungen, diesen Asylen für die Kindheit, für unglückliche und alte Leute eben so weit zurück, wie der Vorhof hinter dem Allerheiligsten.

Ich konnte nicht umhin, ich mußte Freudenthränen weinen, als ich dieser Tage in dem großen Philadelphia daß Narren-Asyl besuchte, so gros und so edel erschien mir hier das Menschenherz, dessen Wirken und Sorgen sich in Allem verräth.

Die Anstalt liegt in einem großen schönen Park, mit schattigen Gängen, Lauben und Gärten. Der ganze Park ist von einer Mauer umgeben, die jedoch so tief unter den Hügeln liegt, daß sie vom Park oder vom Hause aus nicht gesehen wird, und die armen Gefangenen sich vollkommen frei glauben können. Es ist hier auch[WS 2] ein schönes Museum mit ausgestopften Vögeln und andern Thieren, Schnecken- und Mineralien-Sammlungen, wo die Geisteskranken sich zerstreuen und Belehrung holen können. Denn Arbeit und Zerstreuung sind die hauptsächlichsten Mittel, wodurch man hier auf die Besserung des Zustandes dieser Unglücklichen wirkt. Deßhalb werden zwei bis dreimal in der Woche in einem großen Saal, wo die Geisteskranken auf Bänken sitzen, Vorlesungen über verschiedene Gegenstände gehalten. Sie versammeln sich oft auch zu gemeinschaftlichen Vergnügungen, als Concerten, Bällen u. s. w. Mehrere Arten von Spielen, wie z. B. Billard, Fortuna und andere finden sich ebenfalls im Hause vor. Ueberall hörte ich Musik. Die Musik ist für die Narren ein besonders wirksames Heilmittel. Manche spielten ausgezeichnet gut Klavier. Man zeigte mir ein älteres Frauenzimmer, das im Zustand vollkommenen Wahnsinns hieher gebracht worden war. Man gab ihr ein Klavier und veranlaßte sie, ein einfaches Stückchen zu spielen, daß sie in ihrer Kindheit gespielt hatte. Allmälig war die Erinnerung an mehrere Stücke in ihr erwacht, bis

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: gegeu
  2. Vorlage: anch
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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/23&oldid=- (Version vom 4.8.2020)