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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band

junge, neuverheirathete Tochter, die im Hause der Eltern wohnt, verschaffen mir das angenehmste Familienleben. Und man kann sich kaum ein anmuthigeres Bild denken, als dasjenige welches die 3 Generationen dahier, die Mutter, die Tochter, die Enkelin machen. Die ältere Dame ist fein und anmuthsvoll, ja noch schön; die Tochter hat eine große Aehnlichkeit mit Jenny Lind, sowie einen Ausdruck unsäglicher Güte in ihrem blonden Gesicht; sie ist ein allerliebstes junges Weib, und ihr kleines Kind gehört zu den liebenswürdigsten Kindlein, die nicht blos Mutter und Großmutter, sondern auch jeder Gast als ein Ausnahmsgeschöpf betrachten muß, von gütigen Mächten bereits in der Wiege mit ungewöhnlicher Anmuth ausgestattet, Als ich heute Morgen die junge Mutter mit ihrem kleinen Kind auf dem Arm dastehen und so von den Armen ihrer Mutter umschlossen sah, die kleine Gruppe still in dem sonnbeglänzten Zimmer stehend, alle drei glücklich in gegenseitiger Liebe ausruhend, da mußte ich denken: Warum suche ich den Tempel der Sonne hoch über der Erde leuchtend? Ist nicht jede Sonnenblume ein Tempel, schöner als der von Peru und der Tempel Salomos? Und diese Menschen, die im Geiste und in der Wahrheit lieben und anbeten, sind sie nicht die rechten Sonnenblumen, der Tempel der Sonne auf Erden? …

Die männliche Bevölkerung dieses Hauses besteht gegenwärtig aus dem jungen Sohne und dem Mann der jungen Frau.

Den 6. Oct.  

Ich komme soeben von der Kirche zurück. Der Geistliche hielt eine strenge Strafpredigt an die Herrn des Westens. Er hatte alle seine Hoffnungen auf die Frauenzimmer gesetzt, und pries ihre Thätigkeit im

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Fredrika Bremer: Die Heimath in der neuen Welt, Zweiter Band. Franckh, Stuttgart 1854, Seite 270. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Heimath_in_der_neuen_Welt,_Zweiter_Band.djvu/288&oldid=- (Version vom 12.12.2020)