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wie viele Einwendungen könnte ich Ihnen nicht sonst noch machen?

Reinh. Ich zweifle fast, daß Sie mir noch irgend eine andere Einwendung von einigem Scheine machen könnten, als grade diese. Wollen Sie meine Antwort darauf? Ich bemühe mich auf das möglichste, mich nicht durch etwas Böses auszuzeichnen: Ob ich mich durch etwas Gutes auszeichne, geziemt mir nicht, selbst zu entscheiden. Diese Auszeichnung aber ist höchstens eine Eigenheit, die ich aus wichtigen Gründen beybehalte.

M. Ehrenpr. Ich habe doch immer gehört, man müsse sich in die Zeiten schicken und sich nach den Leuten richten, worunter man lebt.

Reinh. Ganz recht! Allein nicht nach ihren Thorheiten.

M. Ehrenpr. Sie müssen sehr melancholischer Laune seyn, wenn Sie eine so gleichgültige Handlung eine Thorheit nennen.

Reinh. Sie ist wahrlich nicht gleichgültig. Wer sich ein wenig in der Welt umsieht, bemerkt leicht, daß die allgemein herrschende Armuth vorzüglich eine Tochter jener thörichten Eitelkeit ist, womit Bürgerliche den Hof nachäffen, den Grossen sich zu nähern, und auf einem grossen Fusse zu leben suchen. Aus derselben Quelle entspringt auch die verdorbene Stimmung unsers Zeitalters, das weibische Wesen der Männer, das Schlaraffenleben

Empfohlene Zitierweise:
Peter Andreas Heiberg: Die Hoftrauer, oder das Testament. Ein Lustspiel in einem Aufzuge. Orell, Geßner, Füßli und Comp., Zürich 1795, Seite 334. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Hoftrauer,_oder_das_Testament.pdf/28&oldid=- (Version vom 11.9.2022)