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und teilweise mit größter Härte und Ungerechtigkeit die Einkünfte eintrieben.

Um diese Zeit stand es auch in Deutschland sehr schlimm, denn unter den beiden Kaisern Heinrich IV. und Heinrich V. durften und mußten wohl auch zu gunsten ihrer Beschützer die Juden das Mark des Landes aussaugen.

Wie die Juden am Ausgange des zwölften Jahrhunderts ihr Unwesen in Frankreich trieben, und wie sie König Philipp II. dafür züchtigte, soll der Geschichtsforscher Damberger uns erzählen. Derselbe sagt: „Die Schwäche und Geldbedürftigkeit des Königs Ludwigs VII. hatte den Juden viel eingeräumt; sie waren die Pächter der Kroneinkünfte, durften ungehindert ihre Wuchergeschäfte treiben, überflügelten vermöge ihrer engen, nach allen Ländern sich erstreckenden Verbindungen leicht die vereinzelten christlichen Handelsleute, beherrschten vornehmlich den Geldmarkt, unterstützten betrügerisch und verderblich den Schulden häufenden Leichtsinn, und machten sich kein Gewissen aus Diebshehlerei und Meineid und jeglichem Unterschleif.“ Die Juden stellten das in Abrede und beriefen sich zur Rechtfertigung der hohen Zinsen, die sie nehmen mußten, auf die hohen Steuern, die sie zu entrichten hatten. „Die Erbitterung gegen sie war trotzdem weit verbreitet und besonders stark in Paris, wo man sagte, daß fast die halbe Stadt den Juden gehöre. Selbst Papst Alexander III. sah sich veranlaßt, den König Ludwig zu ermahnen, er solle doch nicht gestatten, daß die Juden christliche Dienstboten halten, neue Synagogen bauen und sich immer mehr ausbreiten. König Philipp II. soll schon bei Lebzeiten seines Vaters Ludwig VII. gegen das Unwesen geeifert haben. Jetzt hörte man überdies mancherlei, was den Volksglauben bestärkte, daß die Juden alljährlich um Ostern einen Christenknaben zu bekommen suchen, um ihn zu schlachten; in England wurde ein solcher, Namens Robert, in Paris ein anderer, Namens Richard, als Glaubensmärtyrer ausgerufen und verehrt, und es scheint, daß man einige Juden prozessierte und verbrannte.

König Philipp soll vorzüglich empört worden sein, als man ihm die gräßlichsten Lästerungen und Verwünschungen berichtete, welche angeblich bei gewissen jüdischen Festen wider den gekreuzigten Erlöser und die christliche Religion ausgestoßen zu werden pflegten; tief in Schulden steckende Hofleute schürten geschäftigst sein Zornfeuer und erwirkten, daß Philipp unvermutet an einem Sabbath – 14. Februar 1181 – alle Synagogen umstellen und die namhafteren Juden ins Gefängnis werfen ließ. Eine königliche Ordonnanz erfreute dann ihre Schuldner, indem alle Quittungen vernichtet wurden, wenn man nur den fünften Teil der Schulden an die königliche Staatskasse zahlte. Im Monat Nisan – April – 1182 erging dann das Verbannungsedikt, welches nur ein paar Monate Zeit zum Verkauf der liegenden Güter gewährte, im Juli wanderten die Verbannten aus, großenteils nach den Niederlanden.

Ein Grund dieses scharfen Verfahrens dürfte auch davon hergenommen worden sein, daß die Juden in Toulouse, wo sie besonders zahlreich waren, durch ihre Verbindung mit den Ketzern

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Friedrich Frank: Die Kirche und die Juden. Manz, Regensburg 1893, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Kirche_und_Die_Juden.djvu/20&oldid=- (Version vom 27.10.2021)