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dem Grafen Raimund und dem Bischof Fulcrand viel zu schaffen machten.“[1]

Philipp II. von Frankreich war jener König, der durch Verstoßung seiner rechtmäßigen Gemahlin, der braven dänischen Prinzessin Ingeborg, und Zusammenleben mit einer Konkubine mit dem Apostolischen Stuhle und seinem ganzen Volke zerfallen war. Und wohin hat ihn seine Leidenschaft gebracht? Nur um Geld zu bekommen, verkaufte er den ausgewiesenen Juden die Erlaubnis der Rückkehr, namentlich in Paris durften sie sich wieder einnisten, und machten gute Geschäftchen durch wucherische Vorschüsse, Lieferungskontrakte, wohlfeilen Ankauf des Gestohlenen oder Geplünderten, gerade wie in den Tagen jüngeren Datums.

Auch jenseits des Kanals, in England, sollte das zwölfte Jahrhundert nicht schließen, ohne daß zuvor noch eine große Judenhetze veranstaltet wurde. König Heinrich II., selbst mehr Jude als Christ, hatte die Juden sehr begünstigt und dadurch der Abneigung des Volkes gegen seine Aussauger immer neue Nahrung gegeben. Als Heinrichs II. Sohn, Richard Löwenherz, nach dem Tode seines Vaters den englischen Thron bestiegen hatte, im Jahre 1189, und nach der Krönung ein großes Mahl gehalten wurde, entstand während desselben eine Zänkerei mit etlichen Juden, die sich vorwitzig herbeigedrängt hatten. Andere Berichte sagen, die Juden hätten dem Könige ein Huldigungsgeschenk darbringen wollen, seien aber mit demselben zurückgewiesen worden. Kaum hatte man aber aus diesem Vorgange entnommen, daß der neue König andere Gesinnungen gegen die Juden hege als sein verstorbener Vater, da schnellte der lange niedergehaltene Ingrimm des Volkes gegen das verhaßte Wuchervolk mächtig empor, und gräßliche Tumulte in London und bald auch in anderen Städten gegen die Juden, ihr Leben und ihr Vermögen brachen aus. Eifersüchtige Handelsleute und andere, Vornehme und Geringe, die den Juden verschuldet waren, schürten das Zornesfeuer, und emsig suchte man alle Schuldbriefe auf, um sie zu verbrennen. Wenn König Richard außerdem auch vieles Tadelnswerte an sich hatte, so waren ihm doch seine christlichen Unterthanen dafür sehr dankbar, daß er dem Wucher der Juden und ihren Betrügereien bei Fertigung der Pfandscheine steuerte.

Unter dem Bruder und Nachfolger des Königs Richard Löwenherz, dem König Johann ohne Land, konnten die Juden wieder ruhig ihren Geschäften nachgehen, vom Jahre 1199, in welchem Richard durch einen Pfeilschuß getötet worden war, bis zum Jahre 1210, und erfreuten sich sogar der königlichen Gunst. Da regte sich aber auch wieder der Unwille des Volkes und gab sich in bedenklicher Weise besonders zu London kund. Der König suchte die Aufregung zu beschwichtigen, wollte aber bei dieser Gelegenheit auch zugleich seine Kasse füllen. Er gab daher den Befehl, daß alle Juden verhaftet würden, und erweckte den Glauben, als wolle er alle Juden aus dem Reiche jagen. Das that er jedoch nicht, sondern er nötigte nur die Verhafteten, ihre Freiheit mit hohen Summen zu erkaufen. Bei manchen


  1. Damberger, Synchronistische Geschichte … Regensburg, Pustet 1856; IX. 46. 47.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Frank: Die Kirche und die Juden. Manz, Regensburg 1893, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Kirche_und_Die_Juden.djvu/21&oldid=- (Version vom 31.7.2018)