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Juden wurde auch von der Folter Gebrauch gemacht. Ein reicher Jude in Bristol hatte standhaft schon die größten Martern ausgehalten, als man auf Geheiß des Königs begann, ihm täglich einen Zahn auszubrechen. Sieben Zähne nacheinander ließ er sich ausreißen, doch den achten soll er mit 10,000 Mark Silber gerettet haben.

Im Jahre 1215 wurde London von den Baronen eingenommen, die sich gegen den König Johann erhoben hatten. Mit den Baronen machte ein großer Pöbelhaufen Gemeinschaft und fiel über die Juden her, wobei die Raubsucht wieder vollauf Befriedigung fand.

Ein wahres Paradies für die Juden war im dreizehnten Jahrhundert das Königreich beider Sicilien. Von dem Kaiser Julian dem Abtrünnigen angefangen, waren alle christlichen Fürsten, welche sich zu Feinden der Kirche aufwarfen, stets Freunde und Gönner des Judentums. Wir brauchen nur an die römischen Kaiser Heinrich IV. und Friedrich II. zu erinnern. Unter des letzteren Regierung waren den Juden im Königreiche beider Sicilien alle Gerbereien und Färbereien nebst vielen Gefällen in Pacht gegeben. Dagegen waren die Juden aber auch stets bereit, gegen Wucherzinsen und neue Vergünstigungen dem stets geldbedürftigen Kaiser neue Darlehen zu gewähren. Alles, was von einigem Werte in Kirchen und Klöstern sich vorfand, ließ der Kaiser rauben und nach San Germano bringen ; hier kauften es die Juden, oder die Kirchen und Klöster lösten ihre eigenen Geräte und Gewänder mit Geldsummen aus, die sie oftmals borgen mußten. Mit Kirchenparamenten scheinen übrigens die Juden schon früher Geschäfte gemacht zu haben, denn schon Kaiser Heinrich II. löste – im Jahre 1022 – von Juden ein kostbares Meßgewand aus, welches aus der Karolingerzeit stammte, und schenkte es dem Kloster Monte Cassino nebst anderen Kostbarkeiten. Wie tief aber unter dem kirchenfeindlichen Kaiser Friedrich II. die christliche Bevölkerung gesunken sein muß, und welches herrliche Leben die Juden unter diesem kaiserlichen Gönner geführt haben mögen, dürfte schon aus der einzigen Thatsache zu entnehmen sein, daß die Juden damals nicht bloß Christensklaven hielten, sondern sich auch christliche Nebenfrauen beilegten.

Wir sehen hier in einem abschreckenden Bilde die Macht des bösen Beispieles, das von oben herab gegeben wird. Der deutsche König und römische Kaiser Friedrich II. hält sich einen Harem von Odalisken und mohammedanischen Tänzerinnen und zieht mit ihnen öffentlich im Lande herum; das Volk sieht es, und ohne Furcht und Scheu ahmt es nach, was der Herrscher selbst ungestraft thut. Wir können uns darum nicht wundern, sondern es nur tief beklagen, wenn das böse Beispiel, welches christliche Fürsten gaben, nicht bloß von leichtfertigen Christen, sondern auch von schlechten Juden nachgeahmt wurde, und daß christliche Frauen, durch dieses böse Beispiel irregeleitet, alle christliche Zucht und Ehrbarkeit so weit vergessen konnten, daß sie sich zu Kebsweibern von Andersgläubigen erniedrigten. Aber niemand wird leugnen, daß die Schuld des christlichen Herrschers viel größer ist als die Schuld der Juden, die sein Beispiel nachahmten.

Vor etwa zwanzig Jahren hat ein Büchlein großes Aufsehen erregt, das über den Talmud, das Lehrbuch zur Erklärung der jüdischen Glaubens- und Sittenlehre, näheren Aufschluß gab. Dieses

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Friedrich Frank: Die Kirche und die Juden. Manz, Regensburg 1893, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Kirche_und_Die_Juden.djvu/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)