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abgekauft und dasselbe in einem Keller mit Nadelstichen langsam getötet. Der Pöbel rottete sich zusammen und begann zu schreien und zu toben. Die alte Frau ward gefoltert und, als schuldig befunden, hingerichtet. Die Juden hatten sich aus ihrem bestürmten und geplünderten Häusern, auf des Pfalzgrafen Ludwig Rat, in die israelitische Schule zu Aventin geflüchtet, aber das Volk steckte dieselbe in Brand, und 150 Juden, jeden Alters und Geschlechtes, sollen in den Flammen ihren Tod gefunden haben. An der Stelle der abgebrannten Schule wurde eine Kirche, „zur Gruft“ genannt, erbaut. Christlicher handelte man in Regensburg, wo reichere Juden unter des Königs besonderem Schutze wohnten. Rat und Bürgerschaft vereinigten sich, um der Wut des Pöbels Einhalt zu thun, indem man sagte, kein Sterblicher dürfe dem Ratschlusse Gottes vorgreifen, der die Juden nicht vertilgen lassen wolle; hätten einige wirklich gefrevelt, so solle man sie vor den ordentlichen Richter stellen.

Kaum waren vier Jahre verflossen, so brachen aufs neue – im Jahre 1286 – in Mainz, Boppard, Wesel und anderen Städten Aufstände gegen die Juden aus. Und im Mai des Jahres 1288 stürzte sich das Volk in der Stadt Bern grimmig auf die Juden, weil man einen ermordeten Christenknaben gefunden hatte und die Juden für dessen Mörder hielt. Nachdem der Stadtrat einige Juden gemartert hatte, wurde die ganze Judenschaft aus der Stadt verjagt.

Das war aber nur ein Vorspiel zu der schrecklichen Verfolgung, mit welcher die Juden in Jahre 1298 heimgesucht worden sind; denn in dieser Verfolgung sollen, wenn es keine Übertreibung ist, mehr als 100,000 Juden in den Städten Rothenburg, Würzburg, Nürnberg und noch an anderen Orten abgeschlachtet worden sein. Das Judengemetzel in Würzburg fand am 23. Juli statt. Kaiser Albrecht stellte die Ruhe wieder her und ließ die schuldigen Städte schwere Geldbußen erlegen, um den königlichen Schatz für die Ermordung so vieler Kammerknechte des Königs zu entschädigen.

Wie das dreizehnte Jahrhundert mit Judenverfolgungen endete, so nahm das vierzehnte mit Judengemetzel seinen Anfang. Im August des Jahres 1303 schickte der alte Landgraf Albrecht von Thüringen seinen Sohn, Friedrich den Gebissenen, nach Weißensee, um sich genau zu erkundigen, was an dem Gerüchte sei, daß die Juden vor dem Osterfeste einen unschuldigen Christenknaben Namens Konrad, den Sohn eines Ritters und Burgmannes in Weißensee, grausam zu Tode gemartert und ihn dann mit seinem eigenen Gürtel in einer Weinbergshütte bei besagter Stadt in der Art aufgehängt hätten, als hätte er sich selbst erhenkt. Friedrich fand es wirklich so, hörte Zeugnis geben von den wunderbaren Heilungen, die bei dem Grabe des gemarterten Kindes sich ereigneten, und war vielleicht Augenzeuge, als die Burgmannen und das Volk in größter Erbitterung über die Juden herfielen und sie haufenweise erschlugen.

Um seiner immerwährenden Geldnot abzuhelfen, ließ König Philipp IV. von Frankreich geheime Befehle ergehen, nach welchen am 22. Juni 1306 in ganz Frankreich alle Juden in ihren Wohnungen überfallen und gefangen genommen wurden. Es geschah so

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Friedrich Frank: Die Kirche und die Juden. Manz, Regensburg 1893, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Kirche_und_Die_Juden.djvu/25&oldid=- (Version vom 31.7.2018)