sey, – so sezte er sich mit der Miene der höchsten Wichtigkeit, in die Mitte des Zimmers auf einen Stuhl, sah mit einem Blike voll verstellter Demut auf die Erde, legte die rechte Hand auf die Brust, und fieng folgender Gestalt an zu orakeln.
„Daß Ihnen, meine Herren! noch mancher Gedanke, den ich in meiner heutigen Predigt vorgetragen habe, nicht im hellsten Lichte erscheint, dünkt mich nichts weniger als sonderbar. Denn was im Geiste ausgesprochen wird, muß auch im Geiste gerichtet seyn. Der natürliche Mensch aber vernimmt nichts, von diesem Geiste. Was er sagt, ist ihm Thorheit, und er kann es nicht erkennen. Denn die Vernunft ist voll Nacht, Finsterniß, und Blindheit, und geht beständig in der Irre, bis sie durch die Gnade erleuchtet wird. Durch die Vernunft gelangen wir keinen Schritt weiter auf dem Pfade des Heils. Sie ist dem blöden Auge eines Greisen gleich, der seinen Blik vermittelst der Brille schärft. So müssen auch wir die Brille des Glaubens
Johann Gottfried Pahl: Die Philosophen aus dem Uranus. [Andrä], Konstantinopel [i.e. Leipzig] 1796, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Philosophen_aus_dem_Uranus.djvu/69&oldid=- (Version vom 31.7.2018)