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hatten zur Rechten den Teufels- und zur Linken den Löwenberg, die die prächtige Stadt und ihre Umgebung amphitheatralisch im Westen und Süden einschließen. Wir waren nicht allein auf der Höhe des Tafelberges. Den warmen, sonnigen Vormittag hatten noch andere Ausflügler zu einer Partie nach der tafelförmigen Kuppe benutzt.

Harst holte sein Zigarettenetui hervor und hielt es mir hin.

„Bitte, bediene Dich, lieber Schraut – Ich fürchte mit unseren Ferien ist’s vorbei. Uns wird sofort ein älterer Herr ansprechen, der soeben sehr eilig den steilen Pfad heraufgekeucht kam, dann die zwei Dutzend Menschen hier oben prüfend musterte und nun nur noch Augen für uns hat. Ich kenne ihn nicht. Es ist fraglos ein wohlhabender Engländer und zwar ein Einheimischer. Ein so stark gebräuntes Gesicht findet man nur bei denen, die jahrelang unter der heißen Sonne Afrikas lebten. Der Herr ist verheiratet und dürfte 50 Jahre alt sein. Er ist Liebhaber von Diamanten. Seine Ringe und seine Busennadel stellen ein Vermögen dar. Aber – er hat Sorgen. Er sieht verstört aus. Ich wette, er hat aus den hiesigen Zeitungen erfahren, daß ich seit drei Tagen hier im Hotel Atlantik wohne, ist im Hotel gewesen, hat nach uns gefragt und wird von unserem Landsmann und Zimmerkellner den Bescheid erhalten haben, wir hätten eine Tour nach dem Tafelberg unternommen.“

Hinter uns – denn wir standen dicht am steilen Abhang – jetzt ein tiefe Stimme:

„Gestatten die Herren eine Frage –“

Wir wandten uns um. Ein Herr mit grauem Spitzbart lüftete den breitrandigen Strohhut.

„Habe ich die Ehre, Herrn Harald Harst vor mir zu sehen? Mein Name ist Jones Fitzgerald.“

Sein Deutsch war fließend. Der Eindruck, den er auf den ersten Blick machte, recht sympathisch. Er war hager und groß und für seine Jahre fast zu modern gekleidet.

„Ich bin Harald Harst,“ erklärte dieser höflich. „Dies hier mein Freund und Privatsekretär Schraut. – Ich kann nur annehmen, daß Ihnen etwas Unangenehmes passiert ist, Herr Fitzgerald. Sie haben sehr wahrscheinlich im Hotel gehört, daß wir hier zu finden seien.“

Jones Fitzgerald tupfte sich die Schweißperlen von der

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Walther Kabel: Die Rätselbrücke. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_R%C3%A4tselbr%C3%BCcke.pdf/31&oldid=- (Version vom 31.7.2018)