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welche in der Eile Fackeln ergriffen hatten, folgten ihm, vermochten ihn aber nicht mehr zu erreichen. Sie sahen, wie er sich zum Strome hinab bückte, einen weißen Gegenstand, einer menschlichen Gestalt ähnlich, der Fluth enthob, mit dieser beladen auf den Felsenvorsprung rannte und in die Strudel sich hinein warf. Auf den Schreckensruf der Diener eilten die Fischer des benachbarten Dörfchens herbei. Nach langem Suchen fanden sie die beiden Leichen, die sich umschlungen hielten, dicht am Ufer unter einem Felsenzacken.

Beide Leichen wurden als solche der Selbstmörder unten am Ufer eingescharrt, nicht auf dem Friedhofe feierlich beerdigt. Sicherlich ward aber Beiden in der Stille nachgetrauert. Was den Schuldigsten, den Ritter betrifft, so war damals einer seiner näheren Anverwandten Bischof in Basel; dieser Bischof, Lüthold geheißen, baute an der verhängnißvollen Stelle ein Frauenkloster und segnete den umfriedeten Ruheplatz der Selbstmörder ein. Der Ruheplatz der Unglücklichen ist aber später noch öfter zum Begräbniß gebraucht worden, ja er dient noch bis auf den heutigen Tag zur Grabstätte aller Leichen, welche durch die Fluth des Rheines hier ausgeworfen werden. Da das Strombette so beschaffen ist, daß Alle, die oberhalb verunglücken, hier anlanden, so kann diese eigenthümliche Beschaffenheit wohl der Anlaß zu der Volkssage sein; doch ist die Erbauung des Klosters durch den Basler Bischof keineswegs aus der Luft gegriffen, sondern geschichtlich verbrieft.


(Wilhelm v. Waldbrühl. – Geschichtliches über Istein, mit einer Abbildung, befindet sich in den Burgen, Klöstern u. s. w. Badens und der Pfalz. Thl. II. S. 369. ff.)

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Heinrich Schreiber: Die Volkssagen der Stadt Freiburg im Breisgau. Franz Xaver Wrangler, Freiburg 1867, Seite 113. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Volkssagen_der_Stadt_Freiburg_im_Breisgau.djvu/119&oldid=- (Version vom 31.7.2018)