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Von diesen alt-ferraresischen Meistern sind in der Dresdener Galerie vertreten: Francesco Cossa und Ercole Roberti. Reichlicher dagegen finden wir hier die Ferraresen aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts repräsentirt, den Dosso, Mazzolino, Garofalo und Girolamo Carpi.

No. 18. Francesco Cossa. Der Katalog weist dieses höchst interessante Bild, welches die „Verkündigung“ darstellt, dubitative dem Antonio del Pollajuolo, mit größerer Sicherheit aber der „altflorentinischen Schule“ überhaupt zu. Die Herren Cr. und Cav.[1] erkannten jedoch ganz richtig, wie mir scheint, in diesem Gemälde den Geist und die Hand eines Ferrareser Malers, bleiben aber unschlüssig, ob sie dasselbe dem Baldassare Estense[2] oder aber dem Ercole Grandi di Giulio Cesare zuschreiben sollen. Der Typus der h. Jungfrau ist durchaus derselbe wie in dem bezeichneten Bilde des Francesco Cossa vom Jahre 1474 in der Bologneser Pinakothek, nur dort vollkommner ausgeprägt. Die hochgeschwungenen Falten im Mantel der Madonna erscheinen gerade so wie im ebengenannten Bilde, – in dem Gesichte des Engels derselbe starkbräunliche Fleischton wie beim Donator im Gemälde von 1474; die Form der Hand mit den breiten Fingern, sowie die dichten wellenförmigen Falten am untern


    in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu leisten im Stande war, kann man an den wenigen Fresken des Lippo Dalmasio in Bologna erkennen, sowie an einem Tafelbilde von Jacopo de’ Avanzi (bezeichnet) in der Galerie Colonna (agli Apostoli) zu Rom.

  1. S. I, 527.
  2. Von diesem sehr wenig bekannten Maler oder besser Dilettanten (er war Kriegshauptmann und, wie es hieß, Bastard eines Fürsten aus dem Hause Este) existiren zur Zeit, soviel ich weiß, nur noch einige Porträts im Profil, von denen eines aus der Galerie Costabili zu Ferrara nach London in die National Galerie gekommen, ein anderes sehr beschädigtes vor etlichen Jahren aus derselben Sammlung vom Antiquar Guggenheim in Venedig erworben wurde. Auf beiden Bildern steht der Name des Meisters gezeichnet.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 129. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/148&oldid=- (Version vom 31.7.2018)