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deutlich hervor. Wer sich hiervon näher überzeugen möchte, den verweise ich auf die frühen Werke des Giovan Bellini, wie die Tafel im Museum von Neapel, die „Pietà“ der Breragalerie und vornehmlich zwei Bilder im Museo Corrèr zu Venedig, wovon das eine „Christus am Oelberge“, das andere den Gekreuzigten, von der Madonna und dem Evangelisten Johannes beweint, darstellt. Das erstere der ebengenannten Bilder wird zwar noch immer im Kataloge jener Sammlung dem Mantegna zugeschrieben, wie es auch vom Marchese P. Selvatico (Commentar zum Leben des Mantegna in der Le Monnier-Ausgabe des Vasari) als Werk des Paduaners erklärt worden war, doch aber haben schon die Herren Cr. und Cav. (I, 143) darin richtig ein Jugendwerk des Giovanni Bellini erkannt. Das zweite desselben Meisters im Museo Corrèr, vom Kataloge ebenfalls dem Mantegna zugeschrieben, erschien jenen Historiographen der italienischen Malerei als Werk des Ercole Roberti[1], während es in meinen Augen ebenfalls eine höchst charakteristische Jugendarbeit des Giambellino ist[2]. Man betrachte nur hier die dem Bellini eigenthümliche Form der Hand, den Faltenwurf, den Madonnentypus und besonders die für ihn sehr bezeichnende, von den Landschaften des Ercole Roberti so verschiedene Landschaft mit den geschlängelten Wegen u. a. m.

Dieser Ercole Roberti, alias Grandi, ist ein zu interessanter Meister, als daß ich bei dieser Gelegenheit nicht meinen jungen Freunden das Wenige mittheilen sollte, was ich von ihm weiß. Ein charakteristisches Werk von ihm besitzt Fürst Mario Chigi zu Rom. Hier ist, wenn ich nicht irre, eine Begebenheit aus dem Leben Melchisedek’s dargestellt[3]. Dieses Gemälde scheint mir aus der nämlichen


  1. Bd. I, 534.
  2. Die künstlerische Abstammung des Giovanni von Jocopo Bellini ist in diesem Bilde besonders deutlich ausgesprochen.
  3. Auf der Rückseite der Tafel liest man: di Ercole da Ferrara.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/151&oldid=- (Version vom 31.7.2018)