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1507 oder 8 seine Lehrzeit bei Bianchi vollendet haben dürfte, von diesem ins Atelier seines Freundes Francia zur Vollendung seiner Studien geschickt worden sei.

Sein berühmtes 1514–1515 gemaltes Bild, No. 151[1] dieser Galerie, hat so viele Züge, welche theils an Francia, z. B. der Kopf der h. Catharina, theils an Costa, so das grau in grau gemalte Medaillon auf dem Thronsockel, erinnern, daß meine Hypothese, den Correggio aus der ferraresisch-bolognesischen Schule herauswachsen zu lassen, wenigstens nicht in den Augen derer, welche sehen gelernt haben, als unbegründet verworfen werden kann[2]. Ist nun dieses herrliche Jugendwerk des Correggio das früheste, das wir von ihm besitzen? Gewiß nicht. Ehe man einem jungen Maler eine so bedeutende Bestellung geben konnte, mußte man doch überzeugende Proben seines Könnens vor Augen gehabt haben, obwohl in jenen für die Kunst so glücklichen Zeiten die Künstler gewöhnlich schon in ihrem fünfzehnten oder sechzehnten Jahre die Technik vollkommen erlernt hatten. Welches sind nun die vor 1514, d. h. vor diesem herrlichen Kirchenbilde, der Dresdner Galerie entstandenen Werke des Correggio? Leider bin ich nicht im Stande, deren mehr als fünf hier anzuführen. Eins derselben befand sich ehedem in der Galerie Costabili zu Ferrara und ist gegenwärtig im Besitze meines Freundes des Herrn Doct. Gustav Frizzoni in Mailand, der es, als feiner Kenner, mit Recht als ein Kleinod seiner Sammlung betrachtet. Dieser kleine Juwel, leider nicht im besten Zustand der Erhaltung, stellt eine thronende Madonna dar mit dem Christkinde, welches


  1. Maria mit dem Kinde segnet vom Throne herab den h. Franz; hinter ihm der h. Antonius von Padua. Auf der anderen Seite Johannes der Täufer und die h. Catharina.
  2. Zu meiner großen Genugthuung sehe ich, daß Herr Doktor Jean Paul Richter in seiner trefflichen Abhandlung über den Correggio (in Dohme’s „Kunst und Künstler“ LXXIV) sich öffentlich für meine Ansichten über die künstlerische Entwicklung des Antonio Allegri ausspricht.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/164&oldid=- (Version vom 31.7.2018)