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III. BERLIN.




Während die Pinakothek von München besonders durch die Fülle und Bedeutung ihrer Bilder aus den deutschen und vlämischen Schulen in vollem Maaße unsere Bewunderung erweckt, kommen wir in den herrlichen Sälen der Dresdner Galerie zur Einsicht, daß für das große Kunstpublikum keine andere Bildersammlung der Welt an verführerischem Reiz mit dieser wetteifern kann; besitzt doch dieselbe nicht nur einen bewunderungswürdigen Reichthum an Prachtwerken aus der Blüthezeit der meisten Malerschulen, sondern auch in der „Madonna di S. Sisto“ von Raffael vielleicht das schönste Bild der Christenheit. Ihre Correggio’s, Tizian’s, Paolo’s, ihre Palma’s und Bonifazi, ihre Ruijsdael’s und Rembrandt’s, Rubens’ und Wouwerman’s, ihre Adrian van der Velde, ihre Heyden und zumal ihre Metzu’s sind weltberühmt und gehören in der That zum Schönsten, was die moderne Kunst hervorgebracht. Hat nun die Dresdner Sammlung einen unbeschreiblichen, einen berauschenden Reiz für jeden Kunstfreund, so besitzt dieselbe noch eine ganz besondere Anziehung für jenes Kunstpublikum, das eben nicht gewohnt ist, vor einem Bilde viel nachzusinnen, sondern vielmehr vorzieht, auf den bequemen Polstern der Galerie einem träumerischen Enthusiasmus sich zu überlassen.

Die Berliner Gemäldesammlung ist spätern Ursprungs als die beiden ebengenannten Sammlungen; kaum ein halbes Jahrhundert ist seit ihrer Gründung verflossen. Nach dem Sturze Napoleon’s I. erhob, wie bekannt, die Reaction

Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/286&oldid=- (Version vom 31.7.2018)