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da Siena, dem unbedeutenden Meo di Guido (1319), dem Luigi di Francesco Tinghi (1385), um’s Jahr 1403 dem großen Taddeo di Bartolo von Siena und 1438 dessen Bruder und Schüler, Domenico di Bartolo[1]. Allein auch in der darauf folgenden Kunstepoche, nämlich in der wissenschaftlich-realistischen, wo im Toskanischen, vornehmlich durch die Bemühungen eines Paolo Uccello und dann eines Piero di Borgo S. Sepolcro die Grundlage zur Linienperspektive gelegt, und in den Werkstätten der florentinischen Goldarbeiter das Studium des menschlichen Körpers so herrlich gefördert wurde, hat Perugia keinen eigenen Vertreter aufzustellen und war daher genöthigt, etwa ums Jahr 1440 den Pier della Francesca und den Domenico Veneziano, also zwei fremde Meister, zu sich zu berufen.

Im Jahre 1446 finden wir zwar den Johannes de Boccatis, einen Maler aus dem nahen transapenninischen Bergstädtchen Camerino, in Perugia ansäßig, allein mit der Kunst dieses Mannes war es eben auch nicht weit her, wovon man sich an seinen in der Galerie von Perugia aufgestellten drei Bildern leicht überzeugen kann; und die Malereien dieses Boccati dürften, mit den gleichzeitigen des Veronesers Pisanello, der Gebrüder Antonio und Bartolommeo Vivarini oder gar des A. Mantegna, sowie der Florentiner B. Angelico, Masaccio oder Fra Filippo Lippi zusammengestellt, kaum der Beachtung würdig befunden werden.

Endlich in der Mitte des 15. Jahrhunderts ungefähr tauchen auch in Perugia einige Meister auf, nämlich Angelo di Baldassare und sein Sohn Lodovico di Angelo[2]; Benedetto di Bonfiglio (um 1425 geboren,


  1. Von allen den hier genannten Meistern findet man Werke in der Stadtgalerie von Perugia, von einheimischen Malern aus jener Zeit dagegen nicht eine Spur, ein Beweis mehr, daß dazumal der Kunsttrieb des Volkes von Perugia sich noch nicht entpuppt hatte.
  2. Von diesem letztern sieht man im Dome von Perugia ein mit dem Namen bezeichnetes Bild; vom erstern eine „Pietà“ zwischen den HH. Leonardus und Hieronymus, mit dem Jahre 1459, in der Kirche von S. Pietro ebendaselbst. Passavant schreibt dies letztere Bild dem Bonsigli zu, die Herren Cr. und Cav. geben es dem Lodovico di Angelo, also dem Sohne.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 299. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/318&oldid=- (Version vom 25.8.2019)