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Meiner Ansicht zufolge gehört dieses gute Gemälde höchstwahrscheinlich einem andern Meister aus der Schule des Francia und Costa, nämlich dem Ercole Grandi di Giulio Cesare. Schon der diesem Künstler eigene Schädelbau scheint mir ihn zu verrathen.

4) Ein kleines Madonnenbild(?) bei den Erben des Professors Saroli in Ferrara.

5) Ein Bild mit dem „Gekreuzigten, beweint von Maria und Johannes“; einst im Hause des Grafen Mazza in Ferrara (jetzt nicht mehr dort vorhanden).

6)[WS 1] Endlich noch das „praesepium“ (No. 60) in der Pinakothek von Bologna, daselbst dem Chiodarolo zugeschrieben[1]. In meinen Augen ist es ein Atelierbild des Lorenzo Costa.

Um das Maß voll zu machen, bemerkt zuletzt noch Passavant, Timoteo Viti hätte die Manier Raffael’s mit der Feder zu zeichnen so sehr sich angeeignet, daß seine Federskizzen gar oft von Unkundigen Raffael selbst zugeschrieben würden; man erkenne dieselben jedoch an einer weniger geistreichen Mache und, in größern Kompositionen, insbesondere an einem gewissen Mangel an tiefen und naiven Ideen, da nämlich die Figuren geringe Bedeutung und auch wenig mit der Haupthandlung zu schaffen hätten[2]. Passavant hütet sich jedoch wohlweislich, jene Federzeichnungen und größeren Kompositionen des Timoteo zu bezeichnen, die ihm zu den eben angeführten gelehrten Bemerkungen Anlaß gaben[3].


  1. I, 577. Anm. 1.
  2. I, 332.
  3. Mit welchem Unrecht auch in Paris von den feinsten Kennern von Handzeichnungen Timoteo Viti behandelt wird, beweist unter anderm auch die von Herrn Reiset dem Timoteo zugemuthete Kopie nach der Zeichnung Raffael’s zu dessen „belle Jardinière“. Diese kümmerliche Kopie, im Jahre 1879 öffentlich ausgestellt, wurde mit folgenden Worten von einem andern großen französischen Kenner von Handzeichnungen, dem Marquis de Chennevières, folgendermaßen in der Gazette des beaux-arts besprochen: quand j’aurai noté, de l’ami fidèle de Raphael, Timoteo Viti, une précieuse(!) copie du dessin de la Belle Jardinière, dont nous étonnons de ne pas voir ici l’original, qui appartient à Mr. Timbal etc. – Die s. g. Zeichnung Timoteo’s gehört dem Herzog von Aumale.

Anmerkungen (Wikisource)

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Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 340. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/359&oldid=- (Version vom 31.7.2018)