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und der landschaftliche Hintergrund[1] deuten auf die Art des Pinturicchio hin, alles Uebrige jedoch, zumal jene stufenartig über einander stehenden punktirten, fächerförmig aufgetragenen rothgelben Lichter auf dem Baumschlage, jene hochstämmigen Bäumchen mit braungelbem Laube, jener geröthete Horizont, sowie die schwarzen Schatten scheinen in diesem trefflichen Bildnisse die Hand eines zwar wenig bekannten, aber sehr tüchtigen Schülers des Pinturicchio, nämlich des Matteo Balducci von Fontignano, im Gebiete von Perugia, zu verrathen[2]. Man vergleiche dies Gemälde in der Berliner Galerie mit den in der Galerie der sienesischen Akademie aufgestellten Werken des Matteo Balducci, so wie auch mit einem Tafelbilde (Clelia, die mit einer ihrer Gefährtinnen zu Pferde über die Tiber setzt) in der Sammlung des Herrn Giovanni Morelli in Mailand, und man wird dann vielleicht meinem Urtheile beistimmen.

Bei dieser Gelegenheit erlaube ich mir noch zu bemerken , daß jenes, übrigens ganz übermalte männliche Porträt (No. 32) in den Uffizien doch wohl schwerlich,


  1. Die Landschaften des Franciabigio, wie wir sie auf einigen seiner Bilder antreffen, z. B. auf dem Bilde mit dem s. g. „Tempel des Herkules“, in den Uffizien No. 1223, erinnern alle mehr oder minder an die Landschaften des Pier di Cosimo, zu dessen Schule als Landschafter Franciabigio ebenso wie Pontormo, Ridolfo Ghirlandajo und Andrea del Sarto gerechnet werden müssen. (Siehe meinen Artikel über die Borghesegalerie).
  2. Matteo muß zwischen 1480 und 1490 geboren sein. (Siehe über ihn Vasari, Ediz. Le Monnier, XI, 164). Dieser Matteo, Schüler des Pinturrichio und höchstwahrscheinlich auch einer seiner Gehülfen bei den Fresken der Libreria von Siena, ist nicht zu verwechseln, wie dies den Commentatoren des Vasari begegnet ist, mit dem andern Matteo di Giuliano di Lorenzo di Balduccio, ebenfalls aus Fontignano, einem Schüler des Sodoma. – Unserm Matteo, glaube ich, und nicht dem Pinturrichio, gehört in der Uffizisammlung die Kreidezeichnung (Rahmen 83) mit zwei nackten Männern, von denen der eine ein Kind auf der Schulter hat, einem Satyr und einem Weibe.
Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 387. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/406&oldid=- (Version vom 31.7.2018)