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der veronesischen Malerschule nach meiner Ansicht einer strengen Revision bedürfen), war auch gegen Torbido nicht ganz gerecht und hat denselben, so wenigstens glaube ich, unterschätzt. Dem Urtheile Vasari’s sind auch die neuern Schriftsteller blindlings gefolgt und stellen den Moro etwa auf die nämliche Linie mit dem oberflächlichen, flachen Pomponio Amalteo. Damit thuen sie aber dem Torbido schreiendes Unrecht an. – Vasari bezeichnet diesen Veronesen als einen Schüler Giorgione’s. Die Richtigkeit dieser Angabe muß ich sehr bezweifeln. In den Werken aus seiner Jugend, wie z. B. unser Porträt eines ist, stellt sich mir Torbido vielmehr als ein Zögling des Liberale dar. Ich meine daher, daß er seine Lehrzeit in Gesellschaft Giolfino’s und der beiden Carotto in dem Atelier seines alten Landsmannes Liberale durchgemacht habe. In den Werken seiner spätern Zeit, wie z. B. in der Altartafel der Kirche S. Fermo zu Verona, auf welcher er die Madonna mit dem Kinde, von Engeln umgeben, auf Wolken dargestellt hat, unten auf der Erde den Erzengel Rafael mit dem kleinen Tobias, erinnert namentlich die schöne poetisch gedachte Landschaft des Hintergrundes mit den zwei Figürchen lebhaft an seinen andern Landsmann, Bonifazio den älteren. Seine spätesten Werke endlich, wie die Frescomalereien im Dome von Verona, beweisen wie Giulio Romano’s schädlicher Einfluß auch diesen sonst so selbständigen Veronesen getroffen hat.

Andere Bilder dieses zu wenig beachteten Künstlers findet man außer den eben angeführten noch in der städtischen Galerie von Verona: Madonna mit dem Kinde No. 49; Erzengel Rafael mit dem Tobias No. 49, (daselbst dem Moretto von Brescia zugeschrieben, wahrscheinlich in Folge von Verwechselung der ähnlichlautenden Namen); ein anderes Madonnenbild mit Heiligen und dem Donator No. 210, sehr großartig in der Auffassung aber sehr verdorben. In S. Zeno ist von seiner Hand der erste Altar

Empfohlene Zitierweise:
Giovanni Morelli (Pseudonym Ivan Lermolieff): Die Werke italienischer Meister in den Galerien von München, Dresden und Berlin. Verlag von E. A. Seemann, Leipzig 1880, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Werke_italienischer_Meister_(Morelli).pdf/73&oldid=- (Version vom 31.7.2018)