Seite:Die kaiserlichen Privilegien der Universität Marburg - Eine academische Rede.pdf/12

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noch mehr für die so viel schlimmere Zeit eines Louis XIV. wird diese Anklage nicht zu hart seyn; ob seitdem sich die Politic gebessert, möge hier ununtersucht bleiben. Stellen wir also die Frage vielmehr etwa so, ob sich der Kaiser zu jener Gunstbezeugung verstanden haben würde, wenn er nicht anderweitige Vortheile dabey im Auge gehabt hätte. Wir müssen antworten: schwerlich! denn daß er dem Streben Philipps überhaupt, und so auch in Stiftung unserer Universität besonders zugethan, daß er von irgend andern freundlichen Gefühlen gegen ihn erfüllt gewesen wäre, als wie sie etwa der schwächere Character sich von dem durch Rath und That kräftigern Gegner abzwingen läßt, muß sehr bezweifelt werden. War es auch nicht die kirchliche Secte, die er in Philipp haßte, so war es doch wenigstens die bewaffnete Partei, in der er Rebellion gegen seine kaiserliche Autorität erblickte.

Wie Karl in dieser Hinsicht über Philipp von Hessen, und den durch ihn geschaffenen Schmalkaldischen Bund dachte, kann allein aus der Ansicht entschieden werden, die er von der Bedeutung eines deutschen Kaisers, und von der Stellung der Reichsfürsten zu ihm hatte. Freylich wird auch diese Frage viel Unsicheres enthalten; war ja doch die deutsche Kaiserwürde selbst seit Jahrhunderten im Schwanken, ja in der Auflösung begriffen. Von der alten Glorie eines römischen Kaisers deutscher Nation, die seit Karl dem Großen so ganz mit germanisch-christlicher Weltansicht verwachsen war, daß der Kaiser das weltliche Regiment von Gott zu Lehen trage, wie der Papst zu Rom das geistliche, daß also in diesen beiden Häuptern der Christenheit alle Gewalt und Ordnung aufgehe, und alle Könige wiederum ihre Kronen vom Kaiser zu Lehen haben, von dieser Glorie wie sie eigentlich nur einmal, in Karl dem Großen selbst Wahrheit gewesen war, wie weit war doch die europäische Praxis davon schon zurückgekommen! Selbst die Ottonen hatten nur sehr gelegentlich und zufällig benachbarten Königen und Fürsten, wenn sie etwa in kaiserliche Gewalt fielen, eine Art