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Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder

 Siebente Duma.

 Der Tod Iwan Konowtschenko’s.[1]

 Bei Korßūn[2] der berühmten Stadt
 In der herrlichen Ukraine Land,
     Chwilonenko der Führer des Heeres stand.
 Und er ruft den Kosacken zu:
 „Genug, Brüder, ist’s der Ruh!
     Kommt mit mir zum Thale Tscherkenja[3] von hinnen,
     Dort ritterlichen Ruhm und Beute zu gewinnen!“

Da hört man nicht Musik in den Städten mehr klingen,
Rings von Haus zu Haus die Assaoule[4] gingen,
Und des Führers Befehle zum Aufbruch bringen.
Aber wer warten will um den Abschiedsschmaus
Zu halten in seines Vaters Haus:
     Der muß reiten viele Meilen
Chwilonenko den Herrn von Korßun zu ereilen. –


  1. Diese Duma bezieht sich auf das Jahr 1684, wo die Kosacken der polnischen Ukraine gegen die Tartaren von Bielogrod zu Felde zogen und ihnen bei Tahin eine schwere Niederlage beibrachten. Sie schlugen den Sohn des Chanes der Krimm, welcher ihren Feinden mit einer zahlreichen Armee zu Hülfe gekommen war, und hieben ihrem eigenen Hetmann Kunitzky den Kopf ab, weil er feige vom Schlachtfelde entfliehen wollte.
    Man vermuthet, der Heerführer Chwilonenko sey ein Sohn Filon Tschitschri’s.
  2. Korßun – Stadt im Gouvernement Kiew.
  3. Die Ebene von Tscherkenje – wahrscheinlich kommt diese Benennung von dem Worte tschornaja Dolina, d. h. die schwarze Ebene.
  4. Assaoul – Offizier welcher Hundert Kosacken befehligt.
Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder. J. G. Cotta, Stuttgart u. Tübingen 1845, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_poetische_Ukraine_(1845).pdf/126&oldid=- (Version vom 11.1.2023)