Seite:Die poetische Ukraine (1845).pdf/132

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder

Das treue Thier kehret zum Lager allein,
Läuft wild umher zwischen der Zelte Reih’n,
Wühlt und scharrt die Erde mit schlagendem Huf,
Ruft wiehernd seinen Herrn mit klagendem Ruf.

 Chwilonenko das hört,
 Erkennt Iwan’s Pferd,
Und spricht also zu seinen Gefährten gekehrt:
 „Das habt ihr nicht gut gemacht,
Daß ihr euren trunk’nen Kameraden fortzieh’n ließt zur Schlacht;
Ihr selber habt den Braven in’s Verderben gebracht!

 Horchet wohl auf mein Wort:
 Ladet die Flinten, reitet fort
Und befreit seine Leiche von den Muselmannen!
Nicht umsonst lief das Pferd allein von dannen,
Es bringt Kunde, daß sein Herr um’s Leben gekommen.“

 Die Kosacken haben das Wort vernommen,
Springen auf’s Pferd, eilen zum Thal’ hinab,
Nehmen den Ungläubigen die Leiche des Bruders ab.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Bodenstedt: Die poetische Ukraine. Eine Sammlung kleinrussischer Volkslieder. J. G. Cotta, Stuttgart u. Tübingen 1845, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_poetische_Ukraine_(1845).pdf/132&oldid=- (Version vom 11.1.2023)